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You Think You Know Me?

Summary:

Overlord Husker bekommt Angel Dusts Seelenvertrag und setzt den Star in seinem Kasino ein, ohne zu wissen wie viele Probleme er ihm noch bereiten würde.

Währenddessen kommt auch Angel mit der verborgenen Vergangenheit seiner Familiengeschichte in Schwierigkeiten.

 

Link zur englischen Übersetzung/ link to the english translation: https://archiveofourown.org/works/69950971/chapters/181572031

Chapter 1: Lass die jüngste Vergangenheit in Vergessenheit geraten

Chapter Text

Der Abend war mal wieder ein schmerzhafter Fick. Nach zehn Stunden ohne Pause, nur Kostümwechseln und Vals "Züchtigungen", war er endlich in seinem Zimmer im Hazbin Hotel - gerade neu eingezogen - und bereit 12 Stunden am Stück zu schlafen, schon allein, um nicht mit all seinen schmerzenden Gelenken und schmerzender Kehle von schwerem BDSM und Gang-Bang-Scheiß rumlaufen zu müssen. Heute hatte Valentino ganz viele neue "fantastische" Ideen, die seinen Körper zerstören sollten. Und es war verdammt gut gelungen.

Ugh. Er verspürte immer noch das widerliche Phantomgefühl eines Schwanzes, der mutwillig in seinen Rachen gerammt wurde.

Am liebsten hätte er sich in voller Montur aufs Bett geschmissen, die ganze verbleibende Nacht mit Fat Nuggets gekuschelt und sich mit Drogen abgelenkt, aber er musste die blauen Flecken, Bisse und noch mehr schnellstmöglich behandeln, andernfalls würde es morgen noch schlimmer aussehen. Und das war weder für die Kamera noch für ihn gut. Also nahm er sich die paar Billig-Salben, die er vom letzten Rest Geld gekauft hatte, das er nach dem Crack-Einkauf noch übrig hatte und nicht für Essen oder Trinken draufgegangen war. Zumindest musste er sich wegen der Miete keine Sorgen machen; diese Vaggie die Prinzessin Charlie waren überglücklich, ihn als Testobjekt im Hotel hausen zu lassen.

Na toll, jetzt lag er im Bett und bekam kein Auge zu, weil sein Kopf noch vibrierte und meinte, er müsse alles noch einmal durchgehen, was er an diesem Tag gemacht hatte. Ugh.

Zeit für etwas Ablenkung. Er scrollte durch die Sintube-Kanäle der V-Pornostudios - nicht, um sich eines der Videos anzusehen - nur, um die Bewertungen, Aufrufzahlen und die immer weiter steigenden Abonnentenzahlen im Auge zu behalten. Er wollte stolz auf sich selbst sein können. Eigentlich dumm, aber hey, er war ein Star! Warum nicht ansehen, wie die Fans einen vergöttern? Gerade vor 20 Minuten war ein neues Video rausgekommen: ANGEL DUST WIRD GEZÄHMT #angeldust #bdsm #petplay #masochismus

„Tsc.“ Nicht mal ein einfallsreicher Titel, war aber auch nicht nötig. Es hatte bereits 1,7 Mio. Aufrufe und über 700.000 Likes. Eine dementsprechend kleine Zahl neben den 1,3 Mrd. Abonnenten auf diesem Kanal. Das Profilbild war sein Gesicht mitten in einer Sex-Szene in anzüglicher Pose. Irgendwie brachte ihn das zum Lächeln.

Er war nicht wertlos; die Leute liebten ihn.

Seine Berühmtheit wuchs mit jedem fucking Tag, über Nacht bekamen seine Filmchen Millionen von Zuschauer und jede Straße, die den Vees gehörte, war mit seinen Postern gepflastert. Jeder kannte Angel Dust, jeder wollte ihn - einfach jeder. Er konnte sehen, wie sie sich die Zähne leckten, wenn er nur an ihnen vorbeiging; wusste genau, dass sie sehnlichst auf die nächsten Videos warteten, während ihm in jeder Bar die Drinks ausgegeben wurden und es ihm an Gesellschaft niemals mangelte.

Ein waschechter Star. Klar, Val war ein manipulatives, monströses, sadistisches Stück Scheiße, jedoch... Er hatte sein Versprechen gehalten; Angel war ein Star.

Entschlossen, vor dem Einschlafen noch in Selbstlob ertrinken zu dürfen, klickte er eines seiner berühmtesten Werke an - tatsächlich auch einer seiner ersten Pornos, als er noch nicht jeden Orgasmus vortäuschen musste, weil seine Sinne zu taub waren, um noch etwas zu empfinden. Er warf einen Blick auf die Kommentare seiner Fans - ausschließlich Fans -, logisch, ein Pornostar hatte keine Feinde und selbst wenn, würden die sich da genauso drauf aufgeilen.

»Das nächste Mal sollte die Strafe härter ausfallen«, schrieb einer.

»Ich bin der Meinung, jemand sollte der dreckigen Schlampe mal einen richtigen Schwanz zeigen, der hat gar nicht richtig gewürgt!«

Von wegen, er hatte kurz nicht einmal Luft bekommen können.

»In meinem Keller würdest du hübscher aussehen, Kleiner«

Der typische Vergewaltiger-Kommentar.

Dann noch eine Menge von: »Versohlt ihm den Hintern!«, »Steckt der Hure was in den Arsch, das sie nicht so schnell rausbekommt!« oder »Das nächste Mal härter!«. Nullnummern, die sich anonym auslebten.

»Bestraft ihn richtig!«.

Das waren überraschend oft religiöse Wichser mit Pseudo-Moral und hemmungsloser Gewaltbereitschaft. Die konnten nicht oft genug in ihrem Leben beten, manche waren nicht für den Himmel geschaffen.

Alles in Allem wie üblich, langsam sogar nicht mehr so abstoßend, eben die normalen Porno-Kommentare in der Hölle; sie wurden schnell langweilig, aber Angel verspürte immer noch nicht das Bedürfnis zu schlafen, also machte er weiter.

Bei der Nachricht hörte er förmlich die Stimme eines alten Mannes, der ihm ins Gesicht spuckte: »Elendes Miststück, dir sollte jemand eine Lektion erteilen!«

»Nettes Video, Liebes.«

Moment, was? Drei schöne Wörter und er war aus der Fassung gebracht worden. War das ein Kompliment? Freundlich, höflich, schlicht. Okay, aus einem seltsamen Grund hatte sein Herz gerade einen Aussetzer und flatterte. ‚Liebes‘, an dem Wort war so wenig verdorben. Einfach süß. Vielleicht hatte er mit der Zeit vergessen, wie sich süße Liebe anfühlte. Davon gab es wenig in der Hölle und die Wenigen suchten unwahrscheinlich die Orte seiner Auftritte auf und drängten sich an den anderen hungrigen Mäulern vorbei, um mit ihm eine kuschelige Nacht zu verbringen.

Schade eigentlich. Ein fürsorglicher, eventuell anspruchsvoller, trotzdem stinkreicher Sugar-Daddy? Er wäre nicht abgeneigt. Hätte Angel eine Wahl gehabt. Aber er wusste es besser, als den Versuch zu starten, von Val abzuhauen.

Val, wo war er überhaupt? Beim Dreh heute hatte Travis alles übernommen, der definitiv viel zu schnell viel zu geil wurde für diesen Job. Er arbeitete - so sah es aus - eine Liste, von Valentino angefertigt, ab.

Oh, wetten diese Motte hatte eine Notiz von wegen ‚quäle Angel so viel du kannst‘ an den Rand geschrieben? Mit Sicherheit.

Nein, jetzt dämmerte es ihm, Val traf sich wegen irgendwas mit dem Glücksspiel-Overlord. Wie hieß er noch gleich? Scheiße, Angel war ein Wrack, was Politik anging, er hatte sich nie groß informiert über so einen Kram. Er hätte es, wenn er Zeit gehabt hätte. Ein bisschen mehr Freizeit zwischen den Drehs, dem Schlafen, dem Essen und Trinken und dem Versorgen seiner neuesten Narben und Blutergüssen. Letzteres ein Heidenspaß. Und außerdem mochte Val ihn dumm, damit ‚Daddy‘ ihm alles erklären konnte, weil sein ‚Baby‘, hilflos und dumm, keine Ahnung haben sollte.

Ouh, fuck. Angel wollte nicht mit den Gedanken bei Val einschlafen, die Nächte waren am schlimmsten, zusammen mit denen, in denen er nicht alleine war.

● ● ●

Ein lauter Krach ließ ihn aufschrecken. Schritte näherten sich und ein Lichtschein von einer offenen Tür erhellte die Nacht. Angel konnte sich nur noch die Augen reiben, da standen zwei - waren das Bären-Dämonen? - vor seinem Bett. Sofort zog er die Decke höher, um seinen Körper mehr zu bedenken, anscheinend hatte er noch ein wenig Scham gegenüber Einbrechern übrig.

Ja, es waren Bären, entschied er, endlich einigermaßen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Einer schaltete das Licht ein. Und Angel verdeckte schnell seine Augen mit einem Arm, als seine Augen gezwungen wurden, sich umzugewöhnen.

„Aufstehen und Anziehen.“, befahl einer, der andere, nicht der, der das Licht angemacht hatte - so viel schaffte sein räumliches Gehör noch. Eine gewisse Drohung lag in der Stimme, aber noch ein deutlicher Unterschied zu einem Vergewaltiger. Also was wollten diese stramm in seinem Schlafzimmer stehenden, einbrechenden Dämonen? Und wie waren sie überhaupt reinge-?

Ach nein, Charlie ließ einfach jeden rein.

Einen Augenblick zu verwirrt und desorientiert, vergaß er das Handeln, was ihm befohlen wurde. Es blitzte wieder auf, als einer knurrte und Angel sprang hoch, eilte zum Schrank - ein Glück, war das Zimmer nicht besonders groß -, kleidete sich in dem ersten, was er gleich zur Hand hatte und rannte ins Badezimmer, bevor einer der beiden Flachpfeifen ihm hätte nachjagen können. In einem ungewöhnlichen Tempo tat er nicht mehr als sich Wasser ins Gesicht zu spritzen und sich kurz zu betrachten. Eine weiße Bluse trug er nicht oft und diese hatte nur einen ganz kleinen V-Ausschnitt mit einem kleinen Knoten darüber; ein Farbverlauf vom oberen Blassrosa zum unteren Weiß und Puffärmel schmückten seine dünne Figur sowieso immer. Eine einfache schwarze Hose dazu, die nicht über seine Oberschenkel reichte.

Scheiß drauf, für eine kleine Kette war noch Zeit, wer wusste schon, wo diese stämmigen Männer ihn hinbringen wollten? Jedenfalls nicht zu Val, dafür wären diese Typen zu gute Schauspieler; kein einziges anzügliches Grinsen kam von ihnen.

Mit dem üblichen Wohlbefinden legte er eine schwarze Kette, die mehr einem Halsband ähnelte, wäre da nicht das Herzchen vorne, an. Auf die Handschuhe neben dem Waschbecken verzichtete er, würde den Look mit den Ärmeln versauen.

Sie nickten nur, als er zurückkam, wirkten aber auch nach nur ein paar Minuten des Wartens ein wenig angepisst. Ein Wunder, dass sie ihn dann noch die Stiefel anziehen ließen.

Draußen steuerten sie - einer vor Angel, einer hinter ihm - auf eine Limousine zu. Zumindest hatten seine Entführer einen Qualitätsstandard nicht so sehr unter Angels Niveau. Und so schlichen sie durch die Dunkelheit. Er vergaß manchmal, wie furchtbar kalt die Abendluft war, offensichtlich, weil er zu der Tageszeit eigentlich nicht mehr viel wahrnehmen konnte, außer dem High und Valentinos Gift, gemischt mit Alkohol in den zugefrorenen Adern an der Abendluft.

Sie öffneten ihm die Tür zum Einsteigen - auch noch Gentleman -, bevor sich beide ihm gegenüber hinsetzten und ihn musterten. Angel überschlug schamlos die Beine, gepaart mit einem bezaubernden Lächeln und rückte seinen Kragen so zurecht, dass sie den größtmöglichen Anblick von ihm mit dieser Bluse genießen konnten.

Lautloses Starren. Die waren echt nicht aus der Fassung zu bringen, aber das respektierte er an ihnen, es war nicht leicht, ihm zu widerstehen, oder er war viel zu unsexy gekleidet, wie er vermutete.

Sie fuhren los.

Zur Abwechslung, und weil er noch nie so gelangweilt mit zwei Männern in einem Auto saß, schaute er aus dem Fenster und wollte meinen, den Casino-Distrikt vor seinen Augen vorbeirasen zu sehen - erkennbar an den vielen Casinos. Das war seltsam. Er war noch nicht oft außerhalb des Vee-Viertels, und sonst nur wegen Partys mit Cherri oder auf dem Weg zum Hazbin Hotel, aber Valentino hatte ihn noch nie dorthin mitgenommen.

Dann kam der Wagen zum Stehen, ihm wurde rausgeholfen und sie betraten eines der größten Casinos, die Angel je gesehen hatte und zu Lebzeiten hatten sie nicht selten Geschäfte in Casinos abgewickelt, sodass sich Angel allein vom andauernden Zusehen der Spiele Einiges angeeignet hatte. Aber das war mehr von allem. Schon der Eingang - prächtig vergoldet - wie eine Himmelspforte, die man passierte. Viele Etagen aufeinander gestapelt und bis hoch in den Himmel ragend. In der Lounge ertönte überall das Klimpern der Automaten, das Gackern der Gewinner - oder jene, die dachten, sie wären es; das Fluchen der Verlierer und noch mehr, was aber so schnell nicht herauszufiltern war.

Wortlos geleiteten sie ihn in einen Aufzug und einer drückte einen Knopf mit den goldenen Kursivschriftzügen ‚10. Stock‘. Weit oben war normalerweise die Chefetage, wo sonst sollten sie ihn hinbringen? Er war neugierig. „Oh, bringt ihr mich zum großen Boss?“, erkundigte sich Angel mit trügerischer Unschuld. Leider sprang keiner der beiden drauf an und sagte etwas, aber einer schien ein wenig zu nicken - unscheinbar genug, dass es hätte eingebildet sein können, doch reichte es ihm als Bestätigung.

Bing!

Oben angekommen, trotteten sie theatralisch lange einen teuren, langen Flur entlang. Lange. Gut, vielleicht war Angel bloß aufgeregt gewesen und konnte es nicht abwarten zu erfahren, was beim Luzifer hier vor sich ging und was zum Fick ihn hierher brachte! Er versuchte allmählich auch nicht mehr, seine Wut zu verstecken und war bereit, sie auch ihrem Boss zu zeigen, wenn sie endlich mal ankommen würden.

Er hatte recht, das Chefbüro - in das er gebracht wurde, was er wusste, das er dorthin gebracht werden würde - war geschmackvoll eingerichtet, und der Mann hatte definitiv ein Faible für Glücksspiel, das er in die Raumgestaltung einfließen ließ und nicht nur dezent. Alles hielt sich in Rot-Schwarz-Weiß-Tönen mit Pokerkarten-Optik. Und diese Fenster mussten einen atemberaubenden Ausblick liefern, wären die Vorhänge nicht zugezogen; sie waren direkt nach Süden ausgerichtet, sodass er früh morgens die aufgehende Sonne im Rücken hätte. Aber gut, wenn er ihr Gespräch privat halten wollte - auf jeden Fall ansprechend, die Szenerie, genau wie der süße geflügelte Kater im Boss-Sessel.

„Angel Dust, Sir.“ Einer der beiden Bären-Dämonen kündigte ihn an.

Der Boss nickte von seinem Bildschirm hoch und sie zogen sich zurück. Schade, Angel kannte nicht einmal ihre Namen. „Also... Was ist hier los?“ Das würde man wohl noch fragen dürfen. Für einen Last-Minute-Dreh war er am falschen Ort mit den falschen Personen und zur falschen Zeit. Mehr als die Entführungssache fiel ihm wirklich nicht ein.

Er zeigte auf einen Stuhl vor ihm, auf dem Angel daraufhin Platz nahm. „Angel Dust, ich bin nun der Eigentümer deiner Seele, da Lord Valentino deinen Vertrag an mich verspielt hat. Ich bin der Glücksspiel Overlord Husker, aber du wirst mich entweder mit Lord, Chef, Boss oder Sir ansprechen, soweit alles verständlich?“ Er hob die Augenbrauen, schaute dieses Mal auf.

Was. Was? Nein. DIESER DRECKIGE HURENSOHN!! Widerwärtiger, verfickter, abgehalfterter Motten-Bastard!!! Beruhigen ~ beruhigen ~ beruhigt. Ja, dafür hatte er gestern zu viele Pillen geschluckt. Oder war es noch heute? „Okay, Boss.“, zwinkerte er, die Wut wollte sich einen Weg nach draußen bahnen, aber er konnte sich schon immer gut zügeln und im Stillen leiden, sodass er es auch, nachdem er mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wurde, gut überstand.

Aber. Wie konnte er... Angel war sein Bestverdiener und das wusste er genau. Wieso also... Val war ein verdammter Idiot. Ein Idiot! Anscheinend auch ein Glücksspielsüchtiger. Fuck, wieso fühlte er wie Flüssigkeit in seine Augen trat?! Vielleicht war es besser so. Mit jemandem, der nicht Val war. Mit jemandem, den er nicht kannte; nicht einschätzen konnte...

Ein paar Sekunden konnte er sich rausnehmen, um durchzuatmen. Beruhigen ~ Beruhig—

„Also dann, der Job, den du ausüben wirst.“ Etwas schlug auf dem Boden auf und er erhob sich. Ungeachtet dessen, welchen Gesichtsausdruck Angel trug, schlenderte er mit einem Krückstock zu einem Barwagen. Nur eins, zwei Meter, bevor er sich die einzig angefangene Flasche Wodka schnappte.

Also ehrlich, er hätte Angel einfach fragen können, ob er ihm etwas einschenkt, er hatte sich gerade erst hingesetzt. Oder er dachte sich ‚das ist eine dumme, schwache Hure, die lässt meinen Alkohol noch fallen‘. Auch möglich.

Sein Kopf schweifte ab, dabei musste er ihn genau jetzt einsetzen. Mit einer neuartig zittrigen Hand fuhr er über sein Gesicht. Das Zittern stellte er besorgniserregend wenig in Frage und kniff sich mit einer anderen Hand in den Arm. Wenn er jetzt weinte, was würde sein Boss denken? Was sollte er denken? Dass er nicht nur eine schwache, sondern auch eine weinerliche Schlampe war?

Fuck. Aber so überschüttet von Gefühlen, von denen er auf die Schnelle nicht sagen konnte, welche hilfreich wären zum Verführen; war er zumindest zu müde von der ganzen Woche, um mehr als stumme Panik widerzuspiegeln.

Der süße Kater nippte an seinem Drink, setzte sich wieder hin, scrollte weiter auf seinem Computer und... Nein, Angel hatte im Moment keine Ahnung, was er sonst noch tat. Das einzige, was er tun konnte, war, die Chance zu nutzen und die Kontrolle zu behalten. Zurück in die Rolle. Tun, was du kannst, wofür dich die Leute lieben. Ja, das hörte sich richtig an.

Er beugte sich ein wenig nach vorne, gerade genug, um sich auf dem Schreibtisch mit den Ellenbogen abstützen zu können. „Ja, diesbezüglich – soll ich Sie von meinen Fähigkeiten überzeugen, Chef?“ Seine Hände wanderten zu seiner Klaue, während er sprach, obwohl der Overlord kurz perplex schien, fasste sein Gesichtsausdruck sich wieder und stellte eine neue Emotion zur Schau: Verärgerung. Und etwas anderes.

„Nicht so.“ Seine Klaue war rasch weggezogen, aber nicht außer Reichweite und mit ein bisschen weiter Vorbeugen... Oder nicht? Entweder die Mauern brechen und ihm gefallen, oder ihm fernbleiben und gehorsam spielen.

Ersteres. Ein peinliches Kichern, um das wett zu machen, tönte. Solche großspurigen Arschlöcher wie Val liebten es, sich mächtig zu fühlen bei der anderen Unbehagen. „Wie bitte?“, inszenierte Angel. Er hatte die Klaue im gleichen Moment noch geschnappt. Pech für ihn, dass der Boss nur aufs Gesicht achtete.

Er entzog sich ihm gewaltsamer als erwartet. „Ich will dich nicht so nutzen.“ machte er klar. Und ließ keine Möglichkeit für eine Widerrede offen.

Fuuuck, das war ein Fehler. Seine nächsten Schritte musste er besser planen.

Und ENDLICH, endlich starrte er ihm wütend in die Augen. „Du hast offensichtlich Erfahrung bei dem, was du tust, aber du wirst nicht die gleiche Tätigkeit ausüben wie zuvor.“

Er nickte, zurückgezogen, die Hände auf dem Schoß. „Ja, Sir.“

Als Antwort summte er nachdenklich, als wäre seine Wut schon verflogen, bevor goldener Papyrus sich vor Angel materialisierte und er die leere Flasche irgendwo abstellte. Sein Seelenvertrag tauchte auf, aber die untere Zeile war frei, anstatt, dass dort ‚♡ 𝑨𝒏𝒕𝒉𝒐𝒏𝒚‘ stand.

Und dieses fucking Herz. Er war dumm, naiv, geblendet, besoffen, high und hatte sein Erstes Mal. Ausgerechnet mit Valentino. Wer konnte ihm das verübeln? Nein, nein, nein, nein. Es war idiotisch zu unterschreiben, doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er es verdient hatte. Nach dem, was er sein Leben lang getan hatte. Sein Leben war die reinste Sünde und das sollte ihm zurückgezahlt werden. Und es war in Ordnung, solange 𝘴𝘪𝘦 im Himmel war.

Husker räusperte sich: „Angel Dust? Hörst du mir zu?“ Anthony wurde in die Realität zurückgerissen. Angel hatte Husker gar nicht mehr zugehört, nachdem der Vertrag vor ihm glitzerte. Hatte er schon vorher etwas gesagt?

„Mit einem neuen Vertragspartner müssen neue Maßstäbe festgelegt werden, aber das weißt du sicher schon.“

Nein. Sein ganzes Leben nach dem Tod verbrachte er bei Val. Und dieser egoistische Kontroll-Freak hätte ihn niemals verkauft. Jedenfalls dachte Angel das.

„Die Details kann ich nachträglich ändern, du musst jetzt bloß deine Unterschrift darunter setzen."

Die Feder erschien auf Höhe seiner oberen rechten Hand.

„Ähm..?“ Fragend wechselte sein Blick zu Husker.

Der Overlord runzelte die Stirn, nichts brachte ihn aus seiner hochnäsigen lahmarschigen Fassung. „Was? Stimmt etwas nicht?“

„Die allgemeinen Vertragsregeln besagen doch, dass egal ist, mit welchem Namen man unterschreibt, solange er für die Person geläufig ist, oder?“ Daran konnte er sich nicht mehr ganz erinnern, 70 Jahre waren eine lange Zeit.

Ein einfaches „Ja“, grummelte er, die Augen wieder auf seinen Computer gerichtet.

Angel hatte zuvor noch nicht darüber nachgedacht, dass Husker ja zwangsläufig seinen Familiennamen erfahren würde, wenn er die Unterschrift sah und fühlte sich ein weiteres Mal dumm. Allerdings erkannte er, was es für eine Möglichkeit war; mit einem unendlich guten, befreienden Gefühl – von wo auch immer es kam – schrieb er: ‚⌖𝐴𝑛𝑔𝑒𝑙 𝐷𝑢𝑠𝑡‘.

Das letzte Fragment seiner Vergangenheit – ausgelöscht. Nun, immerhin das, was zu auslöschen möglich war. Aber dieses Übel war in nächster Zukunft beseitigt. Die Erinnerungen, das Wissen, seine Instinkte – nichts davon konnte er loslassen. Und wenn er einmal ehrlich zu sich selbst war, anstatt sich in einem anderen Krieg zu verstecken; seine Instinkte waren das Erbe, das er schultern 𝘸𝘰𝘭𝘭𝘵𝘦. Ein gutes Überbleibsel aus seiner alten Zeit. Wenn nicht sogar das einzige.

„Noch etwas: Um die Sicherheit meiner Seelen zu gewährleisten, wird dir in diesem Gebäude ein Zimmer gestellt, in das du einziehen wirst.“

Das machte ihn stutzig, der Vertrag sollte anders sein, aber er bezog sich trotzdem nur auf seine Arbeitszeiten. Nichts außerhalb.

„Es ist spät, ich schlage vor—“

In dem Moment klopfte und trat eine weinrot-weiße junge Fuchs-Dame ein, die es anscheinend eilig hatte, denn sie konnte keine Sekunde auf ein ‚Herein‘ warten. „Sir,—“

„Mary, ich bin gerade in einer Besprechung.“, zischte er in einem warnenden Ton, erhob sich und stützte sich am diabolisch teuren Schreibtisch ab. Ob er es wollte oder nicht, stehend mit seinen Untergebenen zu sprechen, befeuerte seine unumstrittene Autorität.

Erst jetzt realisierte Angel, wie weit die Tür weg war, oder eher, wie groß das Zimmer an sich war. Er hatte sich kein einziges Mal umgesehen, so fixiert auf den Kater und seine geringfügigen Bewegungen.

„Entschuldigen Sie mich“, begann sie, wobei sie sich verbeugte, als hätte sie mit einem verdammten König gesprochen. Ehrfurcht und... Zitterte sie? „I-Ich werde diesen Fehler nicht w-wiederholen.“

Und Angel dachte, die Leute hätten vor Valentino Angst, doch das war ein anderes Level.

„Dann sprich. Was ist passiert?“ Jedenfalls blieb Huskers Miene steinhart, trotzdem berechnend. Und obwohl er im Prinzip eine Katze war,... So sollte sich das definitiv nicht anfühlen, ihn anzusehen. Fuck, nein! War er gerade hart geworden? Wieso überlegte Angel, wie er ficken würde?

Er ist hier.“ Dramatische Pause. „Lord Alastor.“

Chapter 2: Die Isolationstheorie

Chapter Text

Husker grummelte irgendetwas Unverständliches, und er klang nicht wie ein genervter Rentner dabei – er klang wie ein gereizter Overlord: „Sag ihm, er soll warten!“, krächzte er, der sich nicht um ein neutrales Pokerface bemühte, bevor er seufzte. „Und warte vor der Tür, Mary.“

Der Fuchs-Dämon namens Mary verließ ihn mit den Worten: „Wie Sie wünschen, Sir.“, die Tür klickte ins Schloss.

Der Katzen-Dämon wendete sich ruhiger wieder an Angel, der dankbar war, eine taktvollere Behandlung zu erhalten. „Wie gesagt, du solltest dich hinlegen, morgen um 12:00 Uhr meldest du dich wieder bei mir.“ Er nahm ein Tablet in die Hand – Klaue – sein Kopf wollte sich dagegenstellen. „Sag Mary, dass sie dich zu deinem Zimmer führen soll.“ Nach dem Tippen blickte er auf. Als würde er verlangen, dass Angel aufbrechen würde.

Ernsthaft, das war's? Kein ‚Tschüss‘ oder ‚Wir sehen uns morgen wieder, Hübscher‘? Mit der nur für ihn peinlich aussehenden Stille stellte er sich hin. „Bis morgen.“, lallte er. Scheiße, Angel war sich sicher, dass sich das nicht einmal sexy anhörte, aber er brachte immerhin ein paar Wörter raus.

Obwohl er beim Aufstehen auf den Beinen wackelte, versuchte er, nicht zu theatralisch und hilflos auszusehen. Normalerweise spielte er die Jungfrau in Not; die Umgewöhnung würde dauern.

„Und, Angel Dust?“

Widerwillig folgte er der Anweisung und drehte sich um. „Sie können mich auch einfach Angel nennen, das macht jeder.“, stöhnte er unhöflich und betont genervt. Hoffentlich konnte sein Ton den Hinweis abdecken, dass es immer noch nicht sein wahrer Name war, den er ihm sagte.

„Hast du dein Handy dabei?“, erkundigte Husker sich so sachlich wie irgendmöglich.

„Ähm, nein, aber ich k–“

„Gut. Du wirst dein Handy – weil ich annehme, dass es von VoxTek ist – nicht mit in meine Einrichtungen nehmen.“ Er legte bewusst eine Warnung in seine Stimme. „Aus Sicherheitsgründen.“

Och, diese Katze! ‚Fick dich!‘, hätte er gerne gesagt oder so was wie ‚Glaubst du, ich bin ein Spion, Arschloch?!‘ und ‚Hör auf, Leute mitten im Satz zu unterbrechen!‘, aber der Schlaf rief wirklich nach ihm.

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Endlich verschwand er. Ein anstrengender Junge.

Aber von einem von Valentinos Leuten hätte er nichts anderes erwarten sollen.

Er schnaubte unwillkürlich. Die ganze Zeit über war Angel Dust patzig, mehr als nur ein wenig respektlos und gekränkt, weil er "zurückgewiesen" wurde. Obwohl Husker nur allzu gut wusste, was für ein scheiß Mensch er selbst im Leben und danach war, sollten ihm gefälligst nicht alle mit Verachtung gegenübertreten und ihn dran erinnern, dass er es seinen Taten verschuldete, in der Hölle zu sitzen.

Husker beobachtete, wie Angel draußen Mary vor der Tür Mary abfing, nachdem er zu seinem Erstaunen flüchtig Alastor grüßte. Ganz ohne Angst – gesunde Angst, in diesem Fall. Einen Moment später erinnerte er sich, dass beide in diesem allseits bekannten ‚Hazbin Hotel‘ wohnten.

Nun, das war ein potentielles Problem, das er zu einem späteren Zeitpunkt angehen musste. Zuerst galt seine Konzentration Alastor, denn bei ihm musste er immer Vorsicht walten lassen.

Samt rotem Mikrofon-Stock und Nadelstreifenmantel mit dem herausstechenden weiß gesäumten Revers stolzierte er hinein. „Ich muss schon sagen, Husker, mein Lieber, ein ausgefallener Plan, den du dir da überlegt hast.“, dröhnte er grinsend, gleich nachdem er sich selbst den Eintritt gestattete.

Aber er hatte von dem vielleicht mächtigsten Overlord nichts anderes erwartet.

Husker seufzte und richtete seinen maßgeschneiderten Smoking, bereit, ein bisschen Overlord-Klatsch und Tratsch auszutauschen, um seinen Kollegen bei Laune zu halten. Es war nichts Neues für ihn, er war wieder einmal unangekündigt vorbeigekommen, seine berufserfahrenen Wachen konnten ahnen, dass es ein Todesurteil wäre, ihm im Weg zu stehen, also wunken sie Alastor natürlich durch.

Sein Schatten grinste hinter ihm wie immer fröhlich mit einer Prise Sadismus durch die spitzen, gelben Zähne, bevor Husker erfragte, was genau er meinte.

Er fuhr fort, anscheinend sollte es nicht lange dauern, bis er ging, denn er war mit seiner Stehposition zufrieden. „Törichterweise waren sie dumm genug, ihr gesamtes Imperium mit dem Geld der Verdienste... dieser Spinne auf die Beine zu stellen.“ Bedächtig wanderte er neben Huskers Schreibtisch zum Glasfenster, als hätte das Büro ihm gehört. Als wären sie mehr als erzwungene Geschäftspartner. „Und nun, da sie ihren vermutlich wertvollsten Besitz verloren haben, entreißen wir ihnen das Fundament.“

Hatte Husker sich gerade verhört? Als er, benommen vom Alkohol, aufschaute, raunte er: „Wir?“

„HA-HA, ganz genau.“, Seine Stimme triefte vor Enthusiasmus – wohl aber wäre es ein ungeübterer Gambler als Husker, der das geglaubt hätte. In Wahrheit spielte er weiter seine sorgfältig durchdachte Fassade und sie wies nicht einen Kratzer auf. „Wir sind Geschäftspartner, alter Freund, und als diese unterstützen wir uns gegenseitig.“ Mit einmal schwenkte er herum, „Wohlan. Was wird jetzt mit deiner neu errungenen Seele passieren, Husker?“, um sich ihm zuzuwenden, der unverändert ohne Ziel im Zimmer umherstarrte.

Bis ihm ein ergebener Seufzer entfuhr. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich jetzt mit ihm anfangen soll.“ Er öffnete die oberste Schublade seines Schreibtisches, entnahm ihr eine Flasche Wodka und anstandshalber ein Shotglas, und nachdem er eingoss und trank, ließ er sich den Geschmack auf der Zunge zergehen. „Hoffentlich ist er mir nicht völlig nutzlos, nicht wie die anderen Seelen, die ich von Valentino habe.“, murmelte er in sein Glas, als er ansetzte für einen weiteren Schluck. Dem ausgesprochen guten Tabak für seine Geschmacksnerven zu verschulden, nahm er es sich zum Anlass, die durchsichtige Flüssigkeit intensiv zu beobachten, auch, damit er nicht zu Alastor aufschauen musste.

Alastor räusperte sich aber – ein Zeichen, dass er es mit dem Ignorieren übertrieben hatte. „Nun, wenn du ihn nicht brauchst, weißt du, wie du mich informierst." So schnell wie er gekommen war, ging er und zog sich beinahe lautlos in den Schatten zurück.

Ein paar Minuten verstrichen, nur er, der Alkohol und seine überstrapazierten Nerven, da klopfte es. Und wieder Stille. „Was?!“ Es mochte patzig klingen, feindselig, doch ihm egal.

Mary stolperte hippelig hinein, den Kopf so weit gesenkt, dass sie Husk gerade noch mit den Augen mustern konnte. „Ich wollte mich noch einmal aufrichtig entschuldigen für mein Fehlverhalten ein paar Stunden zuvor.“

Stunden? Es waren wirklich schon Stunden? „Was auch immer, mach für heute Schluss.“

Einen Augenblick schien sie verwirrt und wollte Widerworte geben, tat es dann jedoch nicht und schloss nur stumm die Tür. Irgendwie machte es sie in seinen Augen ein Stück erbärmlicher.

Aber er hatte von einer hinterlistigen Marde wie ihr nichts anderes erwartet.

Um Luzifers Willen – Sünder waren vorhersehbar, selbst Alastor in einer anwidernden, grausamen Art und Weise – ein reinblütiger Psychopath aus den verstörenden alten Kinderbüchern, die Eltern ihrem Nachwuchs erzählten, um verdammte Angst vor solchem zu bekommen. Damit sie auch ja mit seelsüchtigen, spitzzähnigen Hirsch-Dämonen-Kannibalen auf Distanz bleiben würden. Besser so.

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Mary hatte ihn in die üppige Mitarbeiter-Etage geführt, die nicht einen Funken weniger strahlte als das Boss-Büro. Die gleiche Wandgestaltung und gleichartige Möbel – ja, es gab tatsächlich vereinzelt Sessel, Couchen, Couchtische und sogar einen offenen Gemeinschaftsraum am Ende des Flures vor großen Fenstern, wo ein kleiner olivgrüner Hai-Dämon mit Hut und Mantel und eine schwarze Fledermaus mit leuchtend gelben Augen saßen.

Der Rot-Schwarz-Stil, verziert mit goldenen Akzenten – die garantiert aus Blattgold hätten sein können, bei dem Ausmaß an verschwenderischen Luxus – dunkelte zwar alles mit dem edlen Schwarz ab, aber durch die starke Beleuchtung wurde das mit Leichtigkeit ausgeglichen. Es hatte etwas Bewohntes, etwas, an das man sich gewöhnen könne, entschied Angel. Falls es je dazu kommen sollte. Denn er lebte immer noch im Hotel, bei Charlie, Vaggie, Pentious und..., na ja, Alastor...

Angel hatte bis zum Status Quo nicht ein Wort mit ihr gewechselt, derzeit starrte sie auf ihr Tablet, und er fühlte sich deshalb schlecht. Lächerlich – schon klar –, aber sie schien so zerbrechlich und nett, während ihre hohen Schuhe mit jedem Schritt ein Klicken auf dem Boden erzeugten. ...Vielleicht sollte er—

„Hier.“, machte sie klar, sie hörte sich anders als zuvor an, irgendwie... gehässig? Jedenfalls passte ihr Gesichtsausdruck und ihre ganze Körperhaltung zu dieser These. Und Angel musste schlucken. Hatte er sie so falsch eingeschätzt?

Mary deutete auf eine Tür mit der Nummer 727, steckte ihm die Schlüssel-Karte zu und wandte sich zum Gehen ab. Zumindest zweimal eine Glückszahl, jubelte er, doch Angel hatte noch Fragen. Zum Beispiel: „Warum sind alle anderen Zimmer im Hauptgang und ich habe eins der drei im einzig sichtbaren Nebengang?" Fraglicher Grundriss, nur so nebenbei.

Die Fuchs-Dame, die er zuvor als zierlich einschätzte, grunzte – es klang verdammt arrogant und großkotzig – und drehte sich um. „Das hat alles ein System, weißt du? Desto höher, desto mehr verdienst du. In diesem Stockwerk, dem 7. insgesamt, sind Köche, Reinigungskräfte, Techniker und so weiter.“ Sie musterte ihn abschätzend. „Was auch immer du machst. Unter unserer Etage sind die Höllenhunde – das Sicherheitspersonal, hauptsächlich. Eins drüber“, sie gestikulierte, indem sie an die Decke zeigte, „Sind die gleichen Jobs, bloß eine Gehaltsklasse besser; außerdem Manager und... Die hohen Tiere halt, kapiert?" Angel war für eine solche, umfassende Erklärung nicht vorbereitet, verarbeitete jedoch alles in Sekundenschnelle und nickte stumm, daraufhin fuhr sie unerwarteterweise fort. „Aber alle Gemeinschaftsräume sind entweder im 12. Stock oder der Ebene zwei unter uns; das heißt: Aufenthaltsräume, Krankenstation, Speisesaal.“

Er durfte sich also auch nicht selbst Essen kochen.

Aber eigentlich sollte er dort sowieso nicht wohnen müssen. So war der Vertrag!

„Ich bin weg.“ Mary ließ ihn alleine, worüber Angel froh war, und klapperte mit ihren Stöckelschuhen davon. Sie wirkte vielmehr wie eine Tussi-Schlampe, als die schüchterne Assistentin. Das rechtfertigte den Umgang des Overlords mit ihr jedenfalls ein wenig.

Er schaute die Karte am Schloss, bis ein Piepen ertönte. Mit dem Geschrei in seinem Kopf und der Trägheit seiner Beine tastete er sich ins Innere vor. Er ließ die wohltuende Dunkelheit dunkel sein, fand mit dem Licht von draußen durch die Fenster das Zimmer, welches er für das Schlafzimmer hielt und schälte seine Klamotten ab.

Voller Unmut ließ er sich aufs frevelhaft weiche Bett fallen, bevor er sich in die Kissen kuschelte und sich mit allen sechs Armen umarmte. So müde sein Verstand auch sein mochte, ließ er seine Gedanken fließen, um zu verarbeiten – einzuschätzen, ob seine scheiß Situation sich verbessert oder verschlechtert hatte.

Husker. Er war ein Arsch, genau wie erwartet. Und obwohl er in keinster Weise Interesse an Sex gezeigt hatte, musste das irgendwann kommen. Das war seine Berufung seit Jahrzehnten, in der er mehr als gut war und das, was alle Verbindungen zu seiner Familie kappte. Er war überzeugt, sollte Husker ihn nicht selbst nutzen wollen, musste er sich um einen anderen reichen Wichser kümmern.

War der Glücksspiel-Overlord also besser als Valentino? Er verabscheute Val, daher sollte, unter sein Niveau zu kommen, keine Herausforderung gewesen sein. Doch auch Valentino konnte nett sein, Angel an manchen Tagen sogar etwas schenken, um seine Wertschätzung zu zeigen. Ob es daran lag, dass er einen Streit mit Vox hatte, oder nicht, er überschüttete ihn mit Komplimenten. Valentino tat wenigstens so, als würde er nett sein wollen. Er sagte manchmal: ‚Würdest du bitte gehen‘ mit knirschenden Zähnen oder verräterischer, süßer Stimme, anstatt ‚Verpiss dich du dumme Huuure!!!‘, was er natürlich gedacht hatte, das war klar, aber man wusste selbstverständlich, in welchen Momenten er so reagierte. Da war das abschätzbar.

Der Glücksspiel-Overlord war für sein Pokerface berüchtigt – unantastbar, unberechenbar. Na ja und sonst... hatte Angel keine Ahnung. Er würde nicht wissen, wann er welchen Zug machen musste, um möglichst unbeschadet aus Konversationen zu kommen.

Er änderte seine Liegeposition, indem er sich auf die andere Seite drehte. Er sollte jetzt schlafen. Die Augen schließen, sich einkuscheln. Aber ohne die lieblichen, kleinen Liebkosungen seines Nuggsies war das schwer. 𝘖𝘶𝘩, sein armes Baby wusste gar nicht, was geschah und jetzt war es allein und bestimmt verängstigt!

Argh! Sein Kopf war das Problem! Er wollte nicht zur Ruhe kommen und tausende Erinnerungen – vertraute Stimmen, unbekannte Stimmen, die nicht so unbekannt sein konnten, wenn er sich an sie erinnerte – nahmen überhand. Sein Kopf wurde geflutet mit Geräuschen – beruhigende, dessen Ursprung natürlich sein musste; Lieder – die sinnlichen, die poppigen Radiosongs, die schnellen, aggressiven Songs; Störgeräusche wie Kratzen, Quietschen, Piepen, Knallen. Situationen, bei denen ihm nur die empfundenen Gefühle im Hinterkopf blieben. Das Spüren von Einwirkungen auf seinen Körper – glitschige Haut, dicke Finger, Wärme, Stechen, Schläge und das Zerren seiner Muskeln.

Er musste es betäuben – das war sein einziger gescheiter Gedanke im Moment. Das musste aufhören. Drogen... Alkohol! Hier musste irgendwo Alkohol sein!

Angel sprang auf, als hätte er sich nie hingelegt, er folgte seinen Instinkten zur Tür, damit er dort die Seite nach einem Schalter für das Licht abtasten konnte, das er nun in Kauf nahm.

Nachdem er das Bad direkt am Eingang und den Erste-Hilfe-Kasten unter dem Waschbecken aufgespürt hatte, erinnerte er sich gerade rechtzeitig, wie er sich versprochen hatte, nie wieder Reinigungsalkohol zu trinken, weil er daran einmal gestorben war im Tod.

Er packte die Sachen wieder an ihren Platz, spritzte sich etwas Wasser zur Erfrischung ins Gesicht und entschied sich, nicht zu verzweifeln, bevor er in der Küche nachgesehen hatte, die er vor seinem Schlafzimmer gesehen hatte.

Das entpuppte sich tatsächlich als gute Idee, denn über der Spüle war ein Schrank mit verschiedenen Spirituosenflaschen in überdurchschnittlicher Qualität. Angel war kurz davor, seine Meinung über diesen Overlord zu überdenken, als er einen Schluck nahm, aber wahrscheinlich wollte dieser Husker seine Mitarbeiter wie Val unter Drogen setzen...

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Es war Morgen. Nicht früh und noch nicht Mittagszeit, das bewies, dass es ihm mit seinem Schlafrhythmus mehr als gut ging. Außerdem war er in seinem Bett aufgewacht, was auch nicht immer vorkam.

Ein Klopfen an der Haupt-Tür – und gleichzeitig der einzige Tür, um auf diese Etage zu kommen – erregte seine Aufmerksamkeit. Da das seine Privatetage war, gab es nicht viele mit Zugang zum einzigen Aufzug dorthin, dadurch konnte er viele mögliche Störenfriede ausschließen. Aber er stöhnte einfach nur genervt und drückte einen Knopf, der im Tisch installiert war, damit die Tür entriegelt wurde. Es war das Zeichen, einzutreten.

„Hey, Boss.“ Husk musste nicht aufstehen, um sagen zu können, dass es ein Mitglied seiner persönlichen Leibgarde war, welcher beschlossen hatte, ihn heute zu nerven. „Ich habe vom neuen Mitarbeiter gehört.“, begann der Höllenhund loszuplappern, offensichtlich auf ein richtiges Gespräch aus.

„Ja. Angel Dusts Seele steht nun unter meiner Kontrolle.“, antwortete Husker lustlos und wartete darauf, dass der andere wieder das Wort ergriff.

„Komm schon, Boss, es ist Angel Dust! Freust du dich nicht zumindest ein bisschen mehr darüber? Ich erinnere mich, als du vor ein paar Jahren—“

„Das war vor ein paar Jahren!“, fauchte er zurück. Jetzt unterbrach er das Essen seines Müslis, stattdessen blickte er hoch zu Vortex. „Und ich mochte es schon damals nicht, wie unecht er geworden ist. Oder erinnerst du dich nicht, Tex?“

„Schon verstanden, Husk, aber du warst trotzdem ein riesen Fan seiner früheren ‚Werke‘, du hast dir die Filme jeden Tag angesehen, seine Magazine praktisch gehortet, du hast sogar erzählt, wie du ständig von ihm träumst, dass du mehr als eine sexuelle Beziehung mit ihm hättest.“, argumentierte Tex. Mit jedem Wort fühlte sich Husker dreckiger, weil jedes stimmte, bis ins kleinste Detail. Man, er hätte seinen besten Leibwächter vielleicht doch mehr aus seinem Privatleben raushalten sollen, obwohl er ebenfalls sein Freund war. Manche Dinge musste man nicht teilen.

„Jetzt besitzt du seine verdammte Seele, da soll ich dir glauben, das macht gar nichts mit dir, Boss-Man?“ Vortex schnaubte bedrohlich aus der Nase, während er die Arme verschränkte. Er war deutlich größer und auf den ersten Blick definitiv furchteinflößender als Husker, wobei er mehr oder weniger bloß eingeschnappt aussehen wollte.

„Ich habe ihm die schöne Suite im 7. Stock gegeben, zufrieden? Er war ein Pornostar, er ist heiß wie die Hölle und ich... Scheiße, woher soll ich wissen, was ich mir dabei gedacht hatte. So bin ich nicht mehr. Ich behandle ihn ab jetzt wie jeden anderen Mitarbeiter auch. Heute Nachmittag klären wir das mit seinem Vertrag.“, grummelte der Kater, er langte nach seiner Whisky gefüllten ‚Fuck-Mondays‘-Tasse, um die aufkeimenden Erinnerungen zu ertränken, aber der Höllenhund war schneller und zog die Tasse aus seiner Reichweite. Also, technisch gesehen, nicht außer Reichweite, aber so, dass er hätte aufstehen müssen, um sie sich wiederzuholen, und dafür fehlte ihm jegliche Motivation.

„Vielleicht solltest du ihn nicht wie alle anderen behandeln, schonmal darüber nachgedacht?“, warf Tex ein und schnappte sich einen Apfel aus der unberührten Obstschale auf dem Tresen.

Herrgott, wenn Husker ihn nicht so gut gekannt hätte und er keiner seiner engsten Vertrauten gewesen wäre, hätte er ihn angeschrien, oder korrigiert, bevor er ihn unfreundlich rausgeschmissen hätte. Er musste sich selbst in Erinnerung rufen, dass er diesen Grad an Normalität brauchte, jemanden, der ihn auf den Boden der Tatsachen zurückführen konnte, ohne Konsequenzen zu erwarten, damit er nicht den Bezug zur Realität verlor. Ugh... Er hätte Mary nicht anschreien sollen, obwohl sie, wenn sie dachte, er hörte sie nicht, eine ziemliche Bitch sein konnte.

„Ich denke drüber nach, jetzt lass mich verdammt nochmal essen und mach nicht mehr als den Job, für den ich dich bezahle.“ Tex nickte einigermaßen zufrieden, bevor er sich verabschiedete. Husker nahm den Löffel, regte sich im Stillen darüber auf, wie weich seine Cornflakes geworden waren, während er sich unterhalten hatte und schlürfte zum Schluss die Milch weg. Er wollte sofort noch mehr Milch trinken; verdammte Katzenform...

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Angel erwachte von heißen, schwitzigen Bettlaken, in denen er sich zusammengerollt hatte. Er trug noch seine Stiefel, welche die Temperatur nicht gerade gesenkt hielten, außerdem hatte er am Vortag anscheinend vergessen, die Rolläden am Fenster hochzuziehen, um beim helleren Rotlicht aufwachen zu können. Jetzt hatte das Licht des Himmels ein fast komplett gesättigtes Rot erreicht. Wenn man, wie Angel, über 70 Jahre lang Tag für Tag in den Himmel starrte, war man irgendwann ein Spezialist, was Rottöne anging, und wusste genau, dass es zu diesem Zeitpunkt ca. 9-11 Uhr sein musste.

Seine Hand wanderte zu dem Platz, wo er sein Handy normalerweise hinlegte, damit er seine Nachrichten checken konnte. Das tat er immer beim Aufstehen, falls Val ihm geschrieben hatte.

Valentino... Nein, er war nicht mehr sein Chef. Es sei denn, das gestern Abend war ein Traum gewesen, aber die Katze – die ziemlich grummelige, unhöfliche Katze – hatte seinen Seelenvertrag, richtig? Oder nein, hatte er ihm den Vertrag überhaupt gezeigt? Und wenn er ihn bekommen hatte, dann wie?

Neugierig, wie nie zuvor, was Val ihm geschrieben hatte – er würde ihm, schreiben, ob Vertrag oder nicht –, lag da kein Handy. Er stöhnte entmutigt, es ging gestern alles so schnell, und er hatte sein Handy gar nicht mitgenommen. Es war noch im Hotel der Prinzessin.

Okay, woran sollte er sich noch erinnern? In ein Casino von einem Overlord – seinem neuen, anscheinend – gefahren, geredet, abgewiesen, neue Unterschrift, müde, heute 12:00 Uhr Besprechung wegen neuem Vertrag und diese Fuchs-Frau, die ihn zum Zimmer gebracht hatte. Alastor war auch da und müde, müde, müde, Alkohol. Ouh, der Alkohol war gut. Dann sollte er wohl erst eine Uhr finden und die Zeit mit Erkunden verbringen, die ihm noch blieb.

Sein ‚Zimmer‘ war groß~. Es war eine Wohnung mit voll ausgestatteter Küche – bis auf die Lebensmittel, einem mittelgroßen Schlafzimmer, geräumigem Badezimmer mit Eckbadewanne und Dusche und Zugang von zwei Seiten. Ja, die Wohnung war so designt, dass man, an der Fensterwand und am Gästezimmer vorbei, weitergehen konnte und praktisch einen anderen Teil der Wohnung betrat. Dort war eine Sitzecke und ganz hinten ein Wohnzimmer-Bereich für eine ganze Gruppe. 4 Sofas, 2 Fernseher und noch mehr. Hatte Mary sich bei der Adresse geirrt? Es gab zwar nur ein Bett, aber die Wohnung war doch nicht für eine einzelne Person!Vielleicht wollten sie ihn isolieren? Von den anderen Arbeitern fernhalten? So hatte Val es gemacht, während er noch im Tower wohnte. Er hatte ihn von jeglichen sozialen Kontakten abgeschnitten gehalten, um ihn "nur für sich alleine zu haben".

Angel hatte mittlerweile auch eine Uhr gefunden, die hoffentlich richtig funktionierte, es war 10:13 Uhr in Pentagram-City. Viel später als seine übliche Aufsteh-Zeit, aber üblicherweise wurde er auch nicht mitten in der Nacht aus dem Bett gezerrt – eher ins Bett rein – und in ein Casino gefahren, weil hinter seinem Rücken Menschenhandel mit ihm betrieben wurde und er einem neuen ‚Besitzer‘ übergeben wurde. Zumindest hatte er ansatzweise Erbarmen, ihn um 12 Uhr zu bestellen.

Die Klamotten vom Vortag waren zum Glück noch relativ frisch, also zog Angel sie an – da blieb ihm keine Wahl, sonst hätte er ja nichts –, verließ mit der Karte das ‚Zimmer‘, oder was auch immer und untersuchte die Gegebenheiten. Auf der Etage gab es einen Hauptgang mit dutzenden Zimmern und einen Nebengang mit drei Zimmern, die vermutlich die gleiche Menge an Platz hatten, oder nur geringfügig größer waren als Angels. Die anderen beiden waren nach dem, was Angel gesehen hatte, frei. Noch ein Plus für seine Isolationstheorie.

● ● ●

Der Overlord hatte ihn kurzfristig zu einem Geschäftsessen eingeladen, was wohl hieß, dass vor Angel das von ihm bestellte Essen stand und Husker mit verficktem Papier rumhantierte. Jetzt saß Angel mit einem Teller hausgemachter Pasta, den er bis dahin nicht gewagt hatte, anzufassen, falls es ein Test oder so ein Scheiß war, seinem Boss gegenüber und hörte ihm zu.

„Prinzipiell bleiben alle Freiheiten für mich bestehen, denen du im Vertrag zugestimmt hast. Aber ich kann dir im Voraus sagen, dass ich nicht alle in Anspruch nehmen werde.“, erklärte Husker; heute gelassener als gestern, trotzdem autoritär. „Ich will, dass du überlegst, was du kannst und wir dann zusammen aussuchen, welche Arbeit du verfolgen wirst.“, beendete er, bevor die Krallen eine ausgedruckte Liste mit den Berufen zu Angel schoben.

Ein weiteres Mal, dass ein Overlord ihm den Schein einer Wahl ließ, nur mit dem Unterschied, dass der Husker fast ein bisschen nett lächelte.

Chapter 3: Zu tun, was nötig ist

Chapter Text

Angel sah sich die Liste an, die Lord Husker ihm vorgelegt hatte, er staunte, wie viele verschiedene Berufe ein einziges Casino beherbergte. Allerdings hatte er noch ein Anliegen davor. „Boss, ich... wollte noch über mein Zimmer reden.“, fragte er zögerlich, ohne den Zettel weg zu schieben, weil er ihn nicht verärgern und sein großes Zimmer verlieren wollte, wenn er sich beklagte.

„Gibt es ein Problem?“ Er hörte sich tatsächlich besorgt an.

„Mit dem Zimmer an sich nicht, aber mein Vertrag...“ Der Kater schaute weiter fragend. Hatte er seinen Vertrag wirklich noch nicht gelesen? „Hör zu Boss-Man, ich wohne im Hazbin Hotel. Weil mir das vertraglich 𝘦𝘳𝘭𝘢𝘶𝘣𝘵 ist, weil ich meine Seele nur soweit verkauft habe, dass Val 𝘪𝘮 𝘚𝘵𝘶𝘥𝘪𝘰 alles mit mir machen konnte; aber außerhalb konnte ich machen, was ich wollte. Wenn die Bedingungen die gleichen sind, muss ich hier nicht wohnen.“, stellte Angel mit fester Stimme klar, jedoch versuchte er, nicht gehässig oder zickig rüberzukommen. Husk war bei dem Essen einer seiner besten Gesprächspartner seit langem gewesen, erstaunlicherweise, obwohl es sein neuer Overlord war, mit dem er sich unterhielt. Er fügte etwas leiser an: „Deshalb brauche ich kein Zimmer.“ In Gedanken hoffte die Spinne aber still, dass er es behalten durfte, es war größer als Charlies Hotelzimmer.

„Ouh. Entschuldige bitte einen Moment.“ Überraschend höflich wandte er sich ein Stück zur Seite und rief das verhasste Papier herbei, das er Zeile für Zeile in sich aufnahm, die Augen verrenkt, sodass Angel meinte, er sollte sich eine Brille anschaffen. Während er zu verarbeiten schien, fraß sich ein Stirnrunzeln in seine Stirn. Er murmelte, immer noch versunken in den wenigen Wörtern eines so komplexen Deals. „Du hast recht, das tut mir leid. Aber ich bin dennoch verpflichtet, dir einen Platz zum Schlafen anzubieten, Angel, also das ändert nicht viel.“

Er schaute rechtzeitig auf, um Angel zu erwischen, der angefangen hatte zu essen, damit es nicht kalt wurde. Seine Großmutter hätte ihn umgebracht, wenn er zu Gast sein Essen kalt werden ließe. Mit einem kleinen Klappern fiel die Gabel auf den Tellerrand, als Angel überrascht wurde. Husk hob verwirrt die Augenbraue, verließ es aber dabei. „Trotzdem ändert das nicht viel. Du kannst hier oder dort bleiben, solange du pünktlich zur Arbeit erscheinst. Verpflegung jeglicher Art wird dir ebenfalls gestellt. Essen, Trinken, was immer du brauchst, frag und ich schaue, was sich da machen lässt.“

Husker lächelte zum Schluss wieder. War das gestern doch nicht sein berühmtes Pokerface und nur ein grummeliger Saufabend oder was war heute mit ihm los. Angel hatte ihn nicht so freundlich erwartet. Er war sich darüber im Klaren, dass alles noch hätte gespielt sein können, um ihn... zu täuschen? Irgendwie? Warum auch immer... Allerdings war Angel im Idealfall ganz gut im Lesen von Menschen, früher aus seiner Zeit in der Mafia, von den vielen Verhören, durch die er sich quälen musste.

„Danke.“ Das schien ihm angebracht. Nun sollte er sich wieder auf seine Aufgabe fokussieren, seine Arbeit für den vermutlichen Rest seines endlosen Lebens zu wählen, also starrte er zum Blatt Papier runter, anstatt auf seinen Teller.

„Dafür doch nicht. Außerdem kannst du ruhig erst essen und dann darüber nachdenken.“, warf Husker wohlwissend ein, sein Schmunzeln war kontrolliert.

Nach seiner mittelmäßigen Pasta, die er nur mit viel Mühe bis zur Hälfte runterwürgen konnte, und viel Gerede, waren sie fast alle Berufe einzeln durchgegangen. Angel erzählte, dass er gerne kochte, aber wollte das als Hobby behalten und nicht beruflich machen; er war an den Manager-Berufen interessiert, hatte allerdings so gut wie keine Erfahrung in dem Bereich, deshalb fielen die raus. Genau wie Techniker und Wachposten, wobei letztere sowieso nur von Höllenhunden besetzt worden waren. Dealer wäre leicht zu erlernen, dachte Angel, obwohl er meinte, es würde ihn langweilen, aber Husker hatte subtil angedeutet, dass dahinter mehr steckte, als nur dealen zu können. Es war also Betrug. Na ja, das konnte ihm egal sein. Als es dann um den Job des Barkeepers ging, beteuerte der Overlord streng, Mixologie sei auf keinen Fall im Handumdrehen zu erlernen und er erwarte Höchstleistungen von seinen Barkeepern.

War er selbst mal einer, oder warum reagierte er so?, fragte er sich.

Kellnern würde am ehesten, bei seiner Persönlichkeit und Hyperaktivität, Sinn machen, schlussfolgerten sie. Es war nicht uninteressant – jedenfalls nicht uninteressanter als alles andere – und ein guter Einstiegsberuf, falls er sich umentscheiden sollte. Ja, ‚umentscheiden‘, als Husker das erwähnte, hatte Angel ganz schön dumm aus der Wäsche gekuckt.

Die Zeit verging wie im Flug, und drei Stunden später trat Angel aus Lord Huskers Büro mit der Anweisung, sich in zwei Tagen – nach einem Ruhetag mit Rundgang – in der 5. Etage, wo sich der Vorbereitungsraum der Kellner befand, zu melden.

Die restliche Zeit des Tages investierte Angel, um im Hazbin Hotel nach dem Rechten zu sehen. Vor allem nach Fat Nuggets; er musste am Verhungern sein, während sein Herrchen genüsslich sein Mittagessen gegessen hatte. Das ließ ihn sich schlecht fühlen, in mehr als einer Hinsicht; Angel hatte seinem Baby nichts zu futtern hingestellt, als er spurlos verschwand, und, was sich aufgrund der Reaktion seines Magens schließen ließ, viel zu viel verspeist. Er hätte doch langsam wissen müssen, dass ihm sein Körper das immer streitig machte, weil er nicht an so große Mengen gewöhnt war. Zumindest nicht ohne ein klein wenig Drogen zum Verarbeiten.

Er winkte an der Straßenecke ein Taxi zu sich, stieg ein und schaute aus dem Fenster. Komischerweise war er immer noch schlapp, oder wieder und da er weder ein Handy zur Leugnung der Außenwelt bei sich trug, noch jegliches Zahlungsmittel, würde er den hungrig grinsenden Kobold, der ihn fuhr, eben mit einem Blowjob bezahlen müssen. Nichts neues für Angel Dust.

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Kurz nachdem Angel die Tür schloss und Husker mit gespitzten Ohren aus irgendeinem Grund wartete, lauschte er, wann das Klicken seiner Absätze außer Reichweite war. Dann atmete er knurrend aus, weder erschöpft noch erleichtert. Verärgert war ein besseres Wort, auch wenn der Kater sich nicht darüber im Klaren war, warum. Sein Tag war nicht so beschissen gewesen, wie sonst; die Einnahmen des Peril Casinos hatten seit Installation der neuen Automaten einen guten Einstieg hingelegt, wie er heute erfuhr; und selbst Mary war mal weniger vorlaut herumstolziert, sie gab sich tatsächlich Mühe und beteiligte sich bei der Planung des bald anstehenden Events. Bloß der Gin, den sie brachte, war nicht ausreichend gekühlt, das war ein Minuspunkt.

Dass Angels Seele ihm praktisch nur zur Hälfte gehörte, war es das, was ihn so in Rage versetzte? Es hätte ihn schockiert, immer hin wollte – Wollte? Erwartete er vollen Besitz über seine gewonnene Seele. War das... besitzergreifend?

Er schwenkte das Glas mit dem 5-Eiswürfel-Gin, als würde es der Flüssigkeit helfen, noch kälter zu werden, bevor er einen Schluck trank. Verwässert. Er hätte es nicht so lange stehen lassen sollen.

Das Klopfen kam urplötzlich. Es war fast peinlich, dass Husker sofort einen Hoffnungsschimmer verspürte, weil die Möglichkeit von Angels Rückkehr bestand. Stattdessen platzte der einäugige Höllenhund herein.

„Du hast heute keinen Dienst.“, grummelte Husker ihm entgegen, mit der leisen Vorahnung, dass sein bester Leibwächter das genau wusste.

„Ich kann auch an meinem freien Tag nach dem Liebesleben meines Chefs fragen. Also, wie lief's?“

Das war zu viel Interesse für Huskers Geschmack, zumal da nicht mal etwas zwischen ihnen vor sich ging; schlimmer noch, es war eine Mitarbeiter-Chef-Beziehung – egal, ob in der Hölle, oder nicht. „Gut. Wenn das alles war – Verschwinde. Ich habe Papierkram zu erledigen, der nicht warten kann.“

Tex grinste schelmisch, stellte sich direkt vor den Schreibtisch und verschränkte die Arme. „Ich brauche da schon mehr; wie hast du dich verhalten, wie hat er reagiert, war er genau, wie du ihm die vorgestellt hast?Husker war dankbar, dass Tex ihm nicht das Glas stahl, um, wie eine dieser bezahlten Frauen mit ihren Begleitern unten, daraus zu trinken, aber das war zu viel. Er erhob sich, den miesgelauntesten Gesichtsausdruck aufgesetzt, den er zeigte.

„Woah! Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Oder Spinne?“, erkundigte sich der Höllenhund, nachdem er, beunruhigt und belustigt, zurückwich und die Hände abwehrend vor sich hielt. „Husk?“

Husker hatte sich mittlerweile ein Stück weit seiner Dämonenform ergeben, wodurch seine tierischen Augen von Gold-Gelb zu Orange und dann Rot wechselten, ohne dabei den Farbwechsel der aufsteigenden Ketten um ihn herum zu benennen, die sich um ihn schlängelten. In die Höhe wachsend, so wuchs auch der Schatten, der auf seinen Leibwächter fiel; gestützt von den ausgebreiteten Flügeln und den von selbst ausfahrenden Krallen in seiner Dämonenform. Sie war nicht komplett, ähnelte aber seiner vollendeten Form von vor ein paar Jahrzehnten, als seine Seelenzahl deutlich niedriger war. Ein kontrolliertes Knurren drang aus der Kehle des Wesens, und trotz des Anblicks schierer Wut, sprach er ruhig: „Du gehst jetzt besser.“

Tex war mit einem Ruck nicht mehr von Überraschung geplant, sondern konzentriert und in einem Arbeitsmodus. „Ja, Sir.“ Ohne Umschweife verließ er das Büro. Vielleicht hatte er übertrieben mit dem ‚Respekteinflößen‘. Zumindest wusste Vortex nun, dass er die Toleranzgrenze erreicht hatte.

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Er kam durch eine Tür mit Mosaik-Fenstern rein und bestaunte den sauberen leeren Eingangsbereich des Hotels. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor – oder eben eine längere Zeit –, hier gewesen zu sein. Es hatte sich nichts über Nacht verändert. Couchen, Sessel und Tische in der Lobby waren die selben.

Er trat einige Schritte vorwärts, dann wurde er entdeckt.

„Oh, Angel, du bist zurück, so früh?“, staunte die Prinzessin begeistert und tippelte auf ihn zu. Angel fiel sofort ihre neue Kleidung auf. Sie trug ein schlichtes, rotes Cockteilkleid mit einer Klutsch und Hackenschuhe mit zu hohen Absätzen, als dass sie damit nicht bald stolpern würde. Vaggie stand hinter ihr, ebenfalls festlich gekleidet, aber in rot-blasslila.

„Habt ihr etwas vor oder so?“ Angel lächelte, weil Vaggie nicht erfreut schien, aufgehalten zu werden.

„Ja! Heute ist unser Jahrestag! Drei Jahre glücklich zusammen, das feiern wir!“, berichtete Charlie und packte den Arm ihrer Freundin, die ihr gegenüber mehr Freundlichkeit demonstrierte. Die beiden waren so süß verliebt . Er würde ihnen später von seiner neuen Situation erzählen, zuerst sollten sie feiern gehen.

„Na dann, habt Spaß!“ In dem Moment fiel dem Spinnen-Dämon ein, dass er wahrscheinlich wieder gehen musste, um bei seiner Arbeit zu übernachten, damit er pünktlich bei seinem morgigen Job war. „Ich schlafe übrigens heute woanders, macht euch keine Sorgen deshalb.“ Denn die zwei würden sich Sorgen um ihn machen. Der Gedanke war schön.

„Okay, tschaaauuu!“, trällerte Charlie, bevor Vaggie sie schmunzelnd nach draußen verfrachten konnte.

Angel eilte die Treppe hinauf. Als er die Tür öffnete, stupste ein grunzendes Etwas, im Versuch, den Eindringling zu verscheuchen, gegen sein Bein. Obwohl Angel noch Schuldgefühle hatte, sein Baby zurückgelassen zu haben, hob er es kichernd hoch in seine Arme, um es mit Umarmungen zu beruhigen. „Sshhh. Alles gut, Fat Nuggets, Mommy ist wieder da.“ Das Schwein schmiegte sich daraufhin in seinen Brustflaum und legte sich samt Schweinchen auf der Brust aufs Bett.

Während er Fat Nuggets streichelnd weiter Beruhigungen und Entschuldigungen zumurmelte, rutschte die Frage in seinen Kopf, wie Husker seinen Brustflaum finden würde, wenn er sich reinkuschelte. Angel stellte ihn sich katzenartiger vor, mit ganz weichem Fell, feuchter Katzennase und süßen Schnurrhaaren. Die Pupillen geweitet, würde er in seinen Armen schnurren und sich umhersuhlen, um sich bequem zu platzieren. Die Härte der Matratze war ein neuer Einfall. Eigentlich nicht direkt "Härte" – sein Bett im anderen Hotel – Huskers Hotel – war nur einfach viel weicher.

Valentinos Bett war aber auch weich gewesen.

Eine süße Schweinsnase schnupperte an seinem Körper entlang, auf der Suche nach Verletzungen. Sein aufmerksamster Freund. Nuggsie wusste, was normalerweise passiert worden wäre. Es war vorgekommen, dass er manchmal tagelang nicht Zuhause war, weil Valentino Angel körperlich ruiniert hatte, er sich selbst körperlich ruiniert hatte oder Valentino ihn psychisch ruiniert hatte, damit er bei ihm blieb. Seinen Umzug ins Hazbin Hotel hatte er nie verkraftet. Nein, das klang dumm, es klang wie, was ein Freund getan hätte; der Porno-Overlord tolerierte es nicht.

Sein erster Tag unter Valentinos Vertrag, wie war der? So unglaublich viel Zeit war seitdem vergangen, genau den Ablauf zu beschreiben, würde schwer werden, eins war Angel allerdings klar: Valentino hatte ihn verletzt. Und natürlich trug Angel noch die Wunden von Valentino, wegen denen Angel Fat Nuggets' traurigen Blick quasi spüren konnte, aber sonst, wegen des Glücksspiel-Overlords, war er nicht verletzt worden.

Angel kicherte schon jetzt über sich selbst: Ein Punkt für Husker, kein Punkt für Valentino.

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Mary trabte den Flur entlang, einen ein Meter hohen Papierstapel in ihren Händen balancierend. Von Zeit zu Zeit fragte sie sich, wieso ihr Overlord, auch wenn er alt war, trotzdem lieber auf Papier arbeitete, als auf den zahlreichen Tablets, die sie schon als Fußmatten nutzen konnten, weil sie zu viele von den verdammten Dingern hatten! Aber nein, "doppelt so viele, wie die Menge, die wir benötigten, wird auf gar keinen Fall ausreichen. Lasst uns das Vierfache bestellen!", war ungefähr genauso konstruktiv wie Oldens Meinung, alles einmal zu bestellen, weil man die kaputten alle noch reparieren könnte und damit, Zitat: die Jugend lernt, sorgsam mit ihrem Eigentum umzugehen“. Die Ziege dachte, sie wäre alt und weise, obwohl sie mit ihren schlappen 50 Jahren nicht einmal halb so alt wie Lord Husker war! „Alter Scheißkerl.“, fluchte sie vor sich hin.

Endlich erreichte sie den Aufzug einzig für das Führungspersonal, doch allein, sich umzusehen, war eine Kunst für sich mit all den Papieren vor der Fresse. Also stellte sie es ab, holte ihre Karte raus und drückte die Taste zum 13. Stock, wo sie den Papierkram sonst wohin bringen sollte. Direkt danach war eine Versammlung des Planungskomitees für das anstehende Event angesetzt.

𝘜𝘨𝘩! Dieses Event musste der Hammer werden, keine Ausreden oder sonst was. Es sprengte bereits den Rahmen an allen Rändern; das Geld, das ihnen dafür vorlag, reichte hinten und vorne nicht. Aber sie versuchte ihr Bestes; der Glücksspiel-Lord war schon fast am Ende seiner Nerven mit Mary – das spürte sie einfach. Er war heute früh fast ausgerastet wegen einer warmen Flasche Gin! Wozu zum Teufel gab es Eiswürfel!?

Sie hatte nicht sechs verdammte Jahre für den Glücksspiel-Overlord gearbeitet, um wie sein letzter Assistent zu enden. Aus diesem Loch würde er nie wieder an die Oberfläche klettern können, so tief war es.

Oben angekommen, stolzierte sie zur gewünschten Abstellkammer, jammerte laut, sodass jeder im Gang es hören konnte, über ihren Rücken, bis sie fünf Minuten zu spät – das war nicht ihre scheiß Schuld! Sie hätte sieben Mal in die Hölle fallen können, bevor der Fahrstuhl einmal hochgefahren war! Die mussten gar nicht so glotzen. – in den Meeting-Raum reinplatzte. Es wurde still, als sie bemerkt wurde; sie kämmte ihr Haar zurück, während sie zu ihrem Platz wanderte; und sie begannen weiterzusprechen, als sie sich hinsetzte.

● ● ●

Die Versammlung war beendet. Ihr Kopf dröhnte, sie versuchte zwar die Versammlung über konzentriert bei der Sache zu bleiben, hatte aber Schwierigkeiten, dem Kladderadatsch der 20 Leute auf einmal zu folgen. Garantiert waren alle geistreichen Beiträge der Anwesenden hilfreich für die Planung gewesen., dachte sie ironisch, wobei sie sich eher stumm aufregte, als ihr die Kraft zum lauten Fluchen fehlte.

Alles war im Moment stressig. Da stellte sich bloß die Frage: Warum zum Teufel hatte der Overlord zu allem Überfluss auch noch diesen Pornostar eingestellt?! Sie hatten genug Personal, das hatte Mary letztens erst gecheckt. Und ein Pornostar war wohl kaum für diese Arbeit geeignet! Er würde nur noch mehr Probleme machen, vielleicht mehr noch als Kay – der Tollpatsch! Und wenn der Boss sich über ihn aufregen würde, regte er sich über sie auf. Es war immer das Gleiche. Am Ende bekam sie den Anschiss, wurde noch mehr und wieder mehr umher gescheucht und war selbstverständlich die Böse, weil sie anderen von ihren Problemen erzählte.

Mit gesenktem Kopf steuerte Mary das Büro des Chefs an, nachdem sie unten in der Lounge nach dem Rechten geschaut hatte, um nun bei Lord Husker ihren Feierabend anzukündigen. Vorausgesetzt, er tischte ihr nicht noch überfälligen Papierkram auf.

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Seine Taschen waren zu groß und zu schwer. Ein Hindernis, das erst auftrat, als er einige seiner Sachen in Taschen gepackt aus dem Hazbin Hotel in sein neues Hotelzimmer, Schrägstrich Wohnung, bringen musste und noch nicht, als er von Valentino weggezogen war. Der gierige Mistkerl konnte ihm vieles vor seinem Weggang abnehmen, und auch zuvor hatte er nie viel Besitz – also abgesehen von seinem Beutel voller Sexspielzeug. Aber hey, es stand ihm, wie es aussah, eine Sex-freie Arbeitsphase bevor.

Ugh. Man hätte meinen können, das Schleppen von Gepäck wäre leichter für eine Kreatur mit sechs Armen, aber dann würde man vergessen, dass zwei davon durch seine Kleidung nicht auszufahren waren und die anderen vier ungefähr so dünn wie Zweige eines toten Baumes und definitiv nicht für Schwergewicht konzipiert waren.

Mit einem Ruck, als Angel – sein Blick verdeckt von einer pinken Sporttasche – um eine Ecke spazierte, kollidierte die Spinne plötzlich mit einem kleineren Wesen. Beide fielen rückwärts auf den Hintern und landeten auf dem Boden. Es tat ganz schön weh, weil er seine von innen gepolsterten Taschen entweder seitlich oder vor ihm getragen hatte, die ihm eine größere Hilfe gewesen wären, als sein dicker Pullover. Er hatte ihn sich in der Zwischenzeit angezogen, als er im Hazbin Hotel war.

„Du!“ Mary starrte ihn hasserfüllt an, während sie vorwurfsvoll auf Angel zeigte, als hätte sie gerade die Person getroffen, die ihr Leben ruiniert hätte. Dabei waren sie nur ineinander reingelaufen.

Angel rieb sich den Hintern, als er sich aufrappelte und die Fuchs-Dämonin tat es ihm gleich. Irgendwas in Angel wollte, dass sie sich entschuldigte, trotz der Tatsache, dass er genauso wenig auf seine Umgebung geachtet hatte wie sie. Aber er kam nicht zum Sprechen, bevor Mary ihn anschnauzte. „Pass besser auf! Was machst du überhaupt hier? Du hast heute doch noch frei.“, krächzte sie verächtlich.

Er stöhnte gedanklich, er versuchte sich einzureden, die Assistentin eines Overlords zu sein, wäre auch nicht leicht, dann war es einfacher, die Fassung zu behalten. Aber sie schrie ihn weiter an, als er seine Taschen aufhob. Ja, das war es. Sie hatte mit Sicherheit einen scheiß Tag gehabt, das hatte nichts mit ihm zu tun. Derweil machte sich Mary aus dem Staub, wild murmelnd über etwas Unverständliches.

Ohne groß drüber nachzudenken, wollte er dem nachgehen. Flink und mit großen Schritten – was bei diesen Füßen einfach war – huschte er hinter ihr her. „Hey, Mary! Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“

Tatsache, sie drehte sich um, eiskalter Gesichtsausdruck, aber das schreckte Angel normalerweise nicht ab. „Mir dröhnt der Schädel, geh mir aus dem Weg, Pornostar! Lutsch ein paar Schwänze oder so!“

Den letzten Teil ignorierte er getrost, beim ersten hatte er eine Idee. „Brauchst du eine Kopfschmerztablette?“ Die waren gleich oben drin in beinahe jeder Tasche, sodass er unkompliziert daran kam und eine rausholte; sein kleiner Vorrat, wenn ihm mal keine besseren Substanzen zur Verfügung standen.

Sie musterte die Tablette kurz, dann schnappte sie sie aus seiner Hand und drehte sich beleidigt im Weggehen um. „Jetzt nerv mich nicht, ich habe genug Probleme mit der Event-Planung.“

„Was für Probleme?“, fragte er rundheraus. Ehrlich gesagt erwartete er eine patzige Antwort, doch sie öffnete sich.

„Geld. Zu wenig Geld. Das ist es immer.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du meinst, was er euch gibt? Oder, was er verdient? Wieso fragst du nicht nach mehr Geld?“

Es brachte sie zum Lachen, die Arme in die Hüften gestemmt. „Wow. Du bist so ein Idiot. Frag du doch den Boss, ob er uns mehr Geld zur Verfügung stellt, wenn dir die tolle Idee gekommen ist.“, schnaubte Mary und da war noch etwas. Interesse? Wahrscheinlich wollte sie wirklich, dass jemand fragte; bloß jemand, der nicht sie war.

Angel war bereit, den Job zu übernehmen. Eventuell würde es ihm sogar einige Pluspunkte einbringen, bei seinen neuen Kollegen und seinem Boss. Allerdings nicht mehr heute. Zweimal am selben Tag im Büro anzutanzen, könnte einen Overlord schließlich verärgern.

Das besinnte ihn an die Zeit mit Valentino zurück, als er bei Problemen zu ihm gegangen war. Er wurde jedes Mal enttäuscht, als er sich an der Vorstellung festhielt, den Valentino vor seinem Vertrag herauszulocken, wiederzusehen, wen er zu lieben begann. Ein Teil von ihm war nicht bereit, alles loszulassen und nie wieder seine Hände auf ihm zu spüren. Jetzt, wo er keinen hatte, der ihn nachts festhielt, würde es mühsam werden.

Chapter 4: Furcht plagt ein jedes Leben

Notes:

Hier ist Kapitel 4!

Viel Spaß, über Kommentare würde ich mich sehr freuen.

Chapter Text

Wieder im Zimmer, kuschelte Angel sich in seinem Bett ein und holte sein neues Dienst-Handy raus, das er vorab vom Pasta-Gespräch in die Hand gedrückt bekommen hatte. Es sah ziemlich hochwertig aus, wenn jemand wie er das beurteilen konnte; es erweckte den Eindruck, Husker würde verschwenderisch mit seinem Geld umgehen, auch wenn ein Overlord das niemals tun würde. Außerdem sagte er nur: „Mach damit was du willst, solange du die vorhandenen Kontakte nicht löschst oder blockierst, oder irgendwas ähnliches, ich kenne mich mit dem scheiß nicht aus.“ Er meldete sich nach dem Installieren seiner Apps vom anderen Handy in seinen bestehenden Konten an und scrollte wieder einmal durch SinTube. Mit dem Ziel: Sehen, dass die V-Studios hoffentlich nicht ohne ihn liefen.

Ein neues Video wurde ihm angezeigt - durchschnittliche Aufrufzahlen. Das konnte doch nicht wahr sein! Er war der festen Überzeugung, Valentino würde für ihn zurückkommen und Husker anbetteln, seine Seele ein zweites Mal aufs Spiel zu setzen, weil - na ja - nicht alles, aber vieles sonst den Bach runterging, so wie es ihm die Motte immer eingeredet hatte; es war die Ausrede dafür, dass er immer mehr machen musste als seine Co-Stars.

Trauer überkam ihn, die zurückgehaltenen Tränen lösten sich. Jetzt konnte er sie nicht aufhalten, dafür war er zu nüchtern, wie ihm schlagartig klar wurde. Ihm war krankhaft bewusst, dass es dumm war, an etwas so Sinnlosem wie seiner Popularität festzuhalten, sich darauf aufzugeiern, sich damit zu brüsten, sich danach zu verhalten, sich danach zu sehnen. Alles Fehler, die er nicht direkt beheben konnte.

Zum Glück war es nur eine kurze Phase, sein Gesicht war nicht tränenüberströmt, sodass er die Augen auf etwas richten und es lesen konnte. Viele Kommentare forderten Angel Dust. Er weinte und lachte gleichzeitig. Nein, sie wollten ihn.

Damit schlief er ein.

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Die nächste Nacht konnte Husker nicht schlafen, und schuld daran war natürlich Angel.

Sein Schwanz war ständig hart, bei seinen Schlafzimmer-Gedanken über den Pornostar - Entschuldigung, ehemaligen Pornostar; ein Auf und Ab, welches ihn bestimmt schon Stunden seines Lebens geraubt hatte. Träge schleppte er seinen müden Körper zur Fernbedienung für seinen Flachbildfernseher, seufzte, weil er sie erneut verlegt hatte, zog sich aus und ausnahmsweise entschied er sich, als letzte Maßnahme, einen Porno von Angel Dust anzusehen, um runterzukommen.

Die Haut kribbelnd vor Aufregung, drückte er ein Video auf ‚Play', bevor er sich zurücklehnte. Dieses kannte er, dabei war Angel in einem heruntergekommen Viertel unterwegs und wurde auf einmal von einem Typen in die Enge getrieben und vergewaltigt.

Kein schönes Szenario, egal wie realistisch, aber Angel pflegte stets ein kleines Lächeln während der gesamten Aufnahme, als wusste er ganz genau, was passierte, war immer in Kontrolle und freute sich auf das, was geplant war und passieren würde. Es war dumm, weil er nicht lächeln sollte, wenn er "vergewaltigt" wurde, doch er war dort ein schrecklicher Schauspieler gewesen, und sein Lächeln - sein echtes Lächeln - machte etwas mit Husker. Es war so zuckersüß, als wäre es nicht möglich, dass diese Aufnahmen aus der Hölle kämen.

Was danach passierte, konnte man sich denken. Husker kam, während er, zu seinem eigenen Schock, Angels Namen lauthals stöhnte und legte sich wieder hin. Er war in dem Augenblick so unvorstellbar froh gewesen, als einziger in den oberen zwei Stockwerken zu hausen. Scham überkam ihn, es ließ ihn sich erbärmlich und irritiert fühlen, von einem seiner Mitarbeiter derartig besessen zu sein, dass es ihn so fühlen ließ. Noch verwirrender war der Aspekt, dass ihn die Erniedrigung an sich genauso erregt zurückließ, wie der Gedanke, Angel zum Schreien zu bringen - also, auf die gute Weise.

Die Katze driftete ab, seine schmutzigen Fantasien für den ehemaligen Pornostar nahm er mit in seine Träume, als er sich vorstellte, wie es wäre - anders als in seinen früheren Einbildungen -, auch mal unter ihm zu liegen, die Macht abzugeben.

● ● ●

Eine herrliche Nacht mit den wundervollsten, lautesten Träumen. Und aufweckend auf intensiver Ebene. Und auch wenn er sich befriedigt fühlte, musste er das Bedürfnis ignorieren, das ihn zu Angel zerren und ihm danken wollte.

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Um reinzukommen, musste er seine Karte an das Lesegerät halten, wie er es zuvor bei den anderen beobachtet hatte. Er ging am Höllenhund mit dem Namensschild ‚Skipper' vorbei, in den großen Raum mit mehr Fenstern, als er im ganzen Casino-Teil gesehen hatte. Der Name Skipper war ziemlich nah an Stripper. Apropos, hatte er bis dahin noch keinen einzigen Sex-Witz gerissen, bei seinem gesamten Aufenthalt? Er musste ein Image wahren!

Aber im Ernst, an jeder Tür stand mindestens ein Höllenhund, von denen er wusste, dass sie Wachpersonal waren. Er überlegte nur, wieso hier? Immerhin war das eine Kantine und keine Schatzkammer, was gab es zu bewachen?

Neben Angel räusperte sich jemand, er drehte sich und erblickte Mary weiter unten, aber er schaute fast immer noch unten, wenn Leute ihn ansprachen. Sie musste seinen verwunderten Gesichtsausdruck gedeutet haben. „Er überwacht, ob es zu Streitereien kommt, um, falls dieser Fall eintrifft, sofort dazwischen gehen und die Situation deeskalieren zu können.", gab sie sicherlich wortgetreu vom Handbuch wieder. „Oder kuckst du so, weil du ihn ficken willst, ist das so ein Pornostar-Ding?" Das war eine ernst gemeinte Frage von ihr.

„Nein, Foxy, hatte ich nicht vor.", kommentierte er unbeeindruckt, aber verschmitzt und holte sich an der Theke ein Tablet fürs Buffet.

„Mary. Es ist Mary! Und da ich eine Sicherheitsstufe über dir stehe, bin ich so gesehen deine Vorgesetzte, Angel Dust!"

Der Spinnen-Dämon schmunzelte, weil ihm eine perfekte Mischung aus beiden Namen eingefallen war. „Angel reicht, Furry." Er schnappte sich gerade einen Teller und füllte sich ein Brot mit Käse und Butter auf, bevor er sich seelenruhig einen Platz suchte.

Die Fuchs-Dämonin unterdessen, unterdrückte ihre Wut, augenscheinlich, um professionell zu bleiben, und schluckte ihren Zorn runter. Als Angel sich umsah, wo noch ein Platz frei war, stellte sich das als schwieriger heraus, als angenommen. Alle schienen in Gruppen oder an Stammtischen zu sitzen, und obwohl Angel nicht bezweifelte, dass jeder von ihnen sich über seine Anwesenheit freuen würde, verunsicherte es ihn. Mary lief vor Angel und nögelte: „Komm mit." Sie führte ihn zu einem Achter-Tisch, an dem schon ein mürrischer Fledermaus-Sünder, ein freundlich dreinschauender Höllenhund und eine Frau, die wie eine Kleopatra mit Brille aussah, saßen. Die schwarze Fledermaus, meinte er, habe er in seiner Etage im Sitzbereich gesehen, gleich bei seiner Ankunft.

Mary kommandierte ihn auf den freien Stuhl neben sich, er sagte Hallo und Mary begann das nächste Gespräch. „Leute, das ist der Pornostar, von dem ich euch erzählt habe, Angel Dust." Wenn es ein Gegenteil von Stolz gab, beschrieb es die Art, wie sie es vortrug, eins-a.

„Man nennt mich nur ‚Angel'." Gott, das war peinlich.

Die Frau mit dem Aussehen einer alten Ägypterin, weshalb er sie ab jetzt nur noch Ägypterin nannte, streckte ihm die Hand entgegen: „Ich bin Nalaszé Kunigaszi, Marketing-Managerin von Peril." Sie schüttelten weiter Hände, während sie sprach. „Ist mir eine Freude, ein so bekanntes Gesicht kennenzulernen. Das ist Lance," sie zog sich an den Arm des grauen Höllenhundes, „mein Freund. Er ist schon fast in der Liga der Leibgarde."

Lance schnaubte und lachte für einen Moment. „So gut bin ich nicht, Nala, und dort will ich auch nicht hin." Sie küssten sich, schmiegten sich kaum merklich näher aneinander und lachten zusammen darüber.

Angel fühlte sich wie im falschen Film. Aus dem Nichts stach die genähte Wunde an seiner Seite; sie pochte; auf einmal wurde das Lachen der beiden und die glückliche Atmosphäre der Kantine in Nebel gehüllt. Er fühlte sich erdrückt, klein, obwohl er größer als die meisten in diesem Raum sein sollte. Seine Haut war überzogen mit Dreck, nur um ihn nach einer Sekunde zu erinnern, dass sie nicht davon bedeckt, sondern dieser selbst war. Aber am schlimmsten waren die spitzen Fingerkuppen, die sich von beiden Seiten in seine Schultern bohrten. „Niemand wird dich jemals lieben können, niemand außer mir, Angelca—“

Erst das Abstellen eines Glases in seiner unmittelbaren Nähe rief den Lärm der Sünder und Höllengeborenen zurück ins Leben. Was er dann tat, war, sein Wasserglas zu greifen, um seinen Geist zu besänftigen, dabei hoffte er, dass keiner seinen Totalausfall gesehen hatte, aber in der Regel waren es bloße Sekunden. Nichts der Rede wert, wie es von außen aussah.

Die Berührung von Wasser unterbrach das Brennen seiner Haut. Er kannte das, er hatte mehrmals solche Anfälle gehabt, wenn Valentino für einige Zeit fehlte und er nüchtern und allein zurückgelassen wurde. Er hatte festgestellt, dass er währenddessen nur noch bewegungsunfähig in die bedeutungslose Ferne starrte, jedoch nicht zitterte. Außerdem hielt er den Atem an, bei dem Gefühl, alles Luft aus seiner Lunge gedrückt zu bekommen. Quasi mit einem Innehalten zu verwechseln.

„Ach ja, du weißt vermutlich noch nicht, was das ist, oder?", fragte sie höflich, kein bisschen herablassend und es war ungewohnt.

Redeten sie immer noch über den Höllenhund Lance? „Hab ich mir gedacht, also, die besten Höllenhunde dieses Casinos, oder von anderen des Glücksspiel-Overlords, werden Mitglieder bei der persönlichen Leibgarde von Lord Husker, das meine ich!", verkündete sie, als wäre sie so aufgeregt, weil ihr Freund bereits beigetreten war. Es erinnerte ihn in gewisser Weise an die energiegeladene Prinzessin, aber weniger kindlich und dafür gefasst, wie eine erwachsene Version von Charlie mit Boyfriend.

Während alle die Zeit über weiteraßen, bis auf Angel, erklärte Lance: „Aber Nala, der Punkt ist doch, dass es viel zu viele Kandidaten gibt. Ich kenne bei meinen Jungs auch ein paar gute Leute, die mit Sicherheit Chancen auf den Platz hätten." Er lächelte sie trotzdessen an, er wollte ihr keine falschen Hoffnungen machen, so wie es ein geliebter Mensch tun würde. Es verschlug ihm die Sprache, als er soeben noch über einen Witz über den Namen ‚Lance' plaudern wollte. Angel war selbst kindisch und dumm, er hatte gerade einen Anfall, geprägt von Entzugserscheinungen, erlitten und ihm fiel nicht mehr als ein scheiß Sex-Witz ein?! Wie sehr wollte er sich sich selbst hassen lassen?

„Außerdem", mischte sich Mary ein, „sind diese Typen beängstigend, da willst du nicht dazugehören." Sie waren noch nicht über das Leibgarde-Thema hinweg, richtig?

„Respektabel, würde ich es nennen. Der Glücksspiel-Overlord ist kein schlechter Mann. Wären diese Höllenhunde wirklich so schlimm und grausam und repressive Arschlöcher, würde er sie nicht einstellen.", erwiderte Nalaszé, die Ägypterin, überzeugt, während sie sich einen Löffel Quark in den Mund schob. Angel fragte sich derweil stumm, wie er das in seinen Kopf reinbekommen hatte mit ihrem Namen.

Mary nahm das nicht leicht hin. „Willst du mich verarschen?!" Es folgte ein Schlag auf den Tisch, durch ihre Hand, der das Geschirr zum Klirren brachte und Angel erschreckte. „Alle fürchten sich nur vor ihnen! Sie sind bekannt als die besten und herzlosesten, und das nicht ohne Grund! ‚Die Leibgarde des Casino-Königs', ja klar.", spottete sie. „Wenn du ernsthaft erwägst, dich denen anzuschließen, kannst du nicht erwarten, jeh wieder von mir angesprochen zu werden!", drohte Mary und stützte sich auf den Tisch; aufgebracht

Plötzlich fühlte sich Angel aus einem anderen Grund fehl am Platz. Es klang, als müsste man sich wirklich vor ihnen fürchten, aber Mary überdramatisierte es bestimmt.

„Angel", begann Nalaszé, „Was sagst du dazu, du bist so still?" Die Augen am Tisch richteten sich auf ihn, selbst der Fledermaus-Dämon, der als stiller Beobachter fungierte kuckte interessiert. Gut, mit "alle" waren vier Personen gemeint; weit unter der normalen Anzahl an Dämonen, die ihn anstarrten, nur dass er mit dem, was er jetzt sagen sollte, entweder alles ruinieren konnte, in Bezug auf neue Kontakte, oder freudig in den Kreis mit aufgenommen werden würde.

Angel war aufgeregt, sie wollten hören, was er zu sagen hatte. Den meisten war das egal, weil sie nur an seinen Körper dachten, aber das hier war anders. „Äh, ich denke..." Was wollten sie hören? Gute oder schlechte Idee? „...dass der Boss entscheiden kann, wer da rein passt und aber wenn du glücklich bist, wie es gerade ist, Lance, dann würde ich es so belassen. Alles andere könnte schlimmer sein, als jetzt."

Scheiße, wieso war das so gut auf seine Meinung übertragbar, als er noch bei Valentino war?

Die Füchsin war anscheinend mit der Ansprache zufrieden, sie nickte und damit war das Thema abgehakt.

„Also hast du noch nicht mit der Arbeit angefangen, Angel?", kam der Höllenhund ins Gespräch.

„Nein, ich habe morgen meinen ersten Tag.", antwortete Angel zögerlich, seine sechs ungenutzten Augen, senkten sich und fanden das unberührte Käsebrot. Sein Magen knurrte noch nicht, normalerweise aß er nichts vor der Arbeit, weil Valentino es nicht guthieß oder es mit leerem Magen einfacher war, als ihm Dinge zugefügt wurden.

„Oh, als was hat Lord Husker dich denn eingestellt?" Nalaszé stieg mit ein, dabei ließ sie den Arm ihres Freundes nicht los. „Sicher etwas Profitables."

Er kaute auf seinem Brot rum. „Nein, so spektakulär ist es nicht. Ich bin Kellner." Zusätzlich zuckte er mit den Schultern, um ihr zu zeigen, dass es ihm nichts ausmachte.

Sie runzelte mitleidig die Stirn. „Schade, vergeudetes Potenzial, und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass dir das viel Spaß machen wird.", äußerte sie. Obwohl man "vergeudetes Potenzial" falsch interpretieren hätte können, wusste Angel bei ihr einfach, dass sie nicht meinte, er solle lieber etwas sexuelles machen. „Aber ich bin mir sicher, unser Overlord wird bald sehen, dass du für mehr bestimmt bist.", motivierte sie. Dadurch, dass ihre Form so menschlich war, erinnerte Angel der Gesichtsausdruck sehr stark an mütterliche Fürsorge. Es war tröstend.

„Du vertraust ihm zu viel.", warf Mary ein. „Unser großer, toller Glücksspiel-Overlord ist nicht besser als wir anderen. Wir sind alle in der Hölle. Du kennst ihn ja nicht mal."

Die Ägypterin erwiderte: „Und du vertraust ihm zu wenig." Mary schnaubte.

Bevor es in einen erneuten Streit ausarten konnte, griff Angel ein. „Was trägt man eigentlich als Kellner hier? Eine Uniform, klar, aber was für eine?", stellte er die Frage mit echtem Interesse, sein Blick wanderte zwischen dem Liebespaar und der Assistentin hin und her.

Nalaszé übernahm: „Die Uniform besteht aus Jackett und Hose.", teilte sie ihm mit. „Und auch wenn du ein Star bist, sehe ich da nicht viel Hoffnung auf eine Sonderstellung. Vielleicht wirst du öfter in den Privaträumen kellnern, aber..."

„Schon okay, äh, was ist mit den Arbeitszeiten, wie lange arbeitet man so durchschnittlich?" Er musste das Feuer am Laufen halten, er wollte diese sozialen Kontakte; die Informationen an sich würde er spätestens morgen sowieso erhalten.

„Für dich, ich meine, du bist gerade erst dazugekommen,... liegen die ungefähr bei so um die 8 Stunden pro Tag, denke ich. Das würde 40 Wochenstunden machen, wahrscheinlich ein wenig mehr, vielleicht 43...", überlegte sie, und Gott, so wichtig war es ihm auch nicht.

Es war bloß... unrealistisch. Natürlich war ihm bewusst, dass Valentino maßlos übertrieben hatte an seinen Arbeitsplänen, es war keine genaue Zeit festgelegt, allerdings tendierte es von 12-16 Stunden. Ein Tag mit 11 Stunden war ein guter Tag. Dazu noch Pause - die er bei Valentino nie einlegen durfte -, wie sie ihm erklärt hatten... Er musste diese Motte aus dem Kopf kriegen. Daher beschloss er, einfach weiter zu machen. „Was haltet ihr von der Länge eurer Schichten?"

Mary nörgelte, bestätigte jedoch: „Ja, es ist ganz okay, aber ich habe jede Woche drei 10-Stunden-Schichten, kannst du dir das vorstellen?" Sie stöhnte in einem gehässigen Ton.

Angel wollte ironisch antworten, schaffte es aber augenscheinlich nicht, es so für Mary klingen zu lassen. „Nein, überhaupt nicht."

Mary stand auf und nahm ihr Tablet mit. „Bin gleich wieder da."

Kurz nachdem sie gegangen war, lehnte Nalaszé sich vor. „Sie kann anstrengend sein, ich hoffe, sie verschreckt dich mit ihrer Art nicht? Sie schikaniert die meisten Leute."

Angel schüttelte den Kopf. Mary war zwar eine Tussi, die gerne herumkommandierte und redete - sie sprach aus, was sie dachte, wenn sie sich sicher fühlte -, hatte aber auch Ängste zu bewältigen. Wie die Furcht vor ihrem Overlord. Ihr Mitteilungsbedürfnis folgte dann aus Stress und zu wenig Vertrauenspersonen, wobei sie sich mit denen, die sie hatte, oft zu streiten schien. Man konnte ihre Handlungen kaum als Schikanieren bezeichnen. „Nein, ich hatte schlimmere Gesprächspartner.", zwinkerte er. Sie verstand.

Anschließend fiel ihm eine neue Frage ein. „Weißt du, wie sie in die Hölle gekommen ist?" Sie sah nicht aus, als wäre sie kampferprobt, und nervig sein allein brachte einen Menschen nicht in die Hölle.

„Japp." Lance setzte sich gerade hin. „Sie starb kurz nach ihrer Hochzeit; wollte sich anscheinend mit dem Geld von dem reichen Typen, den sie geheiratet hatte, aus dem Staub machen und er hat sie dabei erwischt und erschossen." Okay. Nichts Weltbewegendes also. „Daher der Name ‚Mary'." Aahh, jetzt machte es klick. Kreativ.

„Ugh, es ist schon viel Zeit vergangen, war nett dich kennenzulernen, Angel, aber Lance muss zur Arbeit, bevor er zu spät kommt.", drängte sie, schnappte ihr Essens-Tablet und das ihres Freundes.

„Du musst auch zur Arbeit, Nala. Schieb nicht mir alles in die Schuhe.", entgegnete der Höllenhund, während sie den Tisch verließen.

Sie stieß ihm spielerisch in die Seite. „Ja, aber seltsamerweise bin ich nicht diejenige, die unpünktlich zur Schicht antritt, das bist nur du."

Angel beobachtete sie, wie sie zum Geschirr-Anstell-Platz gingen und dann den fenstergeschmückten Saal hinter sich ließen. Da sie sich in der 11. Etage befanden, war der Ausblick soviel besser als von seinem Zimmer in der 7. Etage aus.

Als Mary sich wieder neben ihn setzte, erkannte er, dass der Raum sich geleert hatte. Viele gingen bereits, da alle zur frühen Stunde angetreten waren, anstatt etwas nach dem großen Ansturm zu kommen, obwohl das wahrscheinlich klüger gewesen wäre.

Angels Teller war leer, sein Glas ebenso. Es wäre einfach gewesen, nun den Rückweg anzutreten. Er blieb jedoch sitzen. Mary aß ein Spiegelei, den Kopf gesenkt, aber die Einsamkeit um sie herum konnte man fast schmecken. „Also, was machst du heute noch so?", fragte er die Fuchs-Dämonin

Diese sah auf und musterte ihn. Sie schätzte wahrscheinlich ab, wie ernst der Spinnen-Dämon es meinte. „Was soll das? Willst du mich verarschen, warum bist du noch hier?"

„Nö. Und ich bin hier, weil ich sonst nichts zutun habe. Sieht man das nicht?"

Zweifel überhäuften ihr Gesicht. „Mein Terminkalender ist voll für den Tag. Versammlungen, Papierkram, Anhörungen, Kisten schleppen-"

„Warte, wieso "Kisten schleppen", bist du nicht die Assistentin?", grätschte Angel dazwischen.

„Ja, oder?" Ihre Stimmung rang in der Mitte von aufgebracht und erfreut - verstanden. „Ich glaube er gibt mir nur all die Aufgaben, um mich zu beschäftigen, oder weil er mich einfach hasst."

„Soll ich dir helfen?" Er zuckte mit den Achseln, als sie ihn verwirrt ansah. „Acht Arme sind besser als zwei, stimmt's?"

Chapter 5: Angels gescheiterter Plan

Notes:

Ein neues Kapitel.

Chapter Text

Es war kurz vor Mittag, als der Kater seufzte. Er war gerade völlig vertieft in die Berichte über den neuen Overlord, der die Herrschaft über den lang umkämpften Mafie-Bezirk erlangt und verteidigt hatte. Dieser italienische Mafia-Boss war nicht unbekannt, er war schon immer ganz vorn dabei und, wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte, war er mittlerweile der größte Drogendealer des Pride-Rings mit einer besorgniserregenden Anzahl an Untergebenen. Sie waren auch der Grund seiner verhältnismäßig späten Machtergreifung, für all die Jahre, die er nun schon in der Hölle war. Doch erst seit neuestem hatte er angefangen, aktiv Seelenverträge anzusammeln und sein Netzwerk auszuweiten, anstatt in seiner Mafia in Familie und freiwilligen Vertrauten zu bleiben.

Ein stetiges Stirnrunzeln verfolgte Husker, während er seine Möglichkeiten durchdachte, ihn sich entweder als Geschäftspartner zu sichern oder ihn im Ernstfall bekämpfen zu können. Es gab hin und wieder neue Overlords, die auf dem Radar auftauchten, aber ihr Status schien sie in kürzester Zeit arrogant werden zu lassen, sie trafen voreilige Entscheidungen und waren schneller wieder weg, als man ihre Namen erfuhr. Dieser Fall war allerdings anders. Ginge es nur um die Anhängerschaft, wäre er längst Overlord gewesen, das war den Berichten deutlich zu entnehmen; der Spinnen-Skorpion-Sünder entschied, von einem Tag zum nächsten, Overlord zu werden. Es war ein gut geplanter Schachzug. Außerdem hatte er den nötigen Respekt und die Loyalität...

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Angel fand sich im 11. Stock an ihrem Treffpunkt an den Aufzügen ein, der selben Etage, auf der auch die Kantine war. Den Treffpunkt hatte sie ihm getextet, als sie ihn anschrieb, weil die Fuchs-Frau seine Nummer ganz einfach aus dem Mitarbeiterverzeichnis auftreiben konnte. Es gab also doch Vorteile, die Assistentin eines mächtigen Overlords zu sein.

Ein Fahrstuhl hielt auf der Etage, Mary war tatsächlich gekommen. „Da bist du ja, komm mit.", winkte sie ihn in den Aufzug. „Hätte nicht gedacht, dass du wirklich kommst.", merkte Mary an, zögerlich und trotzdem kritisch.

Angel lächelte verschmitzt. „Ich bin auch nicht schlecht darin, andere zum Kommen zu bringen, weißt du, liegt in der Pornostar-Natur." Mary murmelte etwas, mit Sicherheit eine Beleidigung; zumindest konnte sie die für sich behalten. Sie fuhren ins Erdgeschoss, die Geräusche der Menschenmassen strömten direkt über sie, noch bevor die Türen sich öffneten. Von dort aus verschwanden die Spinne und der Fuchs in einen großen Abteil des Casinos, welcher hinter dem öffentlichen Teil lag. Er wurde bewacht und er war sogar mit schallisolierten Wänden versehen.

Nach ein paar Minuten erreichten sie einen vollgestellten Abstellraum. „Hier," Angel folgte ihrem Zeigefinger, der auf einen Dutzend Kisten und Kartons in der Ecke hinwies, „die müssen in den 12. Stock.", erklärte sie mit einer offensichtlich genervten Stimme.

„Dann los." Er stöhnte bereits, als er eine zweite Kiste anheben wollte. Worauf hatte sich Angel nur eingelassen? Bei Langeweile hing er zwar normalerweise mit Cherri rum, und die hatte keine Zeit, aber er war auch schon lange nicht mehr alleine feiern gewesen. Oder er hätte den ganzen Vormittag mit Nuggs kuscheln können - richtig, nein, ihm wurde geschrieben, er solle sich im Gebäude aufhalten. Ugh.

Währenddessen trug Mary nur eine Kiste - logisch, sie hatte nur ein Armpaar, aber er durfte sich trotzdem benachteiligt fühlen. „Warum haben wir nicht so ein... Ding, mit dem man Sachen rumschieben kann?", beschwerte Angel sich.

„Weil das nicht in die Aufzüge passen würde.", antwortete die Assistentin sachlich.

Sie gingen zurück zum Aufzug, Mary scannte ihre Karte, das Lämpchen leuchtete grün auf, sie drückte den Knopf der Etage und sie fuhren in die 12. Etage. „Also eigentlich ist es für dich, mit Freigabestufe 1, nicht erlaubt, in die Etage zu kommen, aber auf die armen Schweine, die Kisten und Kartons durch die Welt schleppen, achtet in der Regel sowieso keiner."

Angel, der fast in Erwägung gezogen hätte, sie mit mehr als den Worten "zickig" und "genervt" zu beschreiben, war wütend. „Hey, "Schweine" ist keine Beleidigung, sie sind sehr schlau und ziemlich süß. Außerdem falle ich immer und überall auf, wo ich hingehe."

„Argh." Sie seufzte. Leider konnte sie ihm im Aufzug nicht entkommen.

● ● ●

„Ich glaube, wir beide werden noch warm miteinander.", scherzte sie, als sie gerade zum tausendsten Mal durch die Flure zum Abstellraum im 12. Stock streiften, ihr Lächeln verriet sie allerdings.

Noch hatte er ihr kein einziges Lachen über seine Witze abgenommen, aber das schaffte er noch. „Vorsicht, für Frauen berechne ich extra." Marys Augen weiteten sich in seinen Augenwinkeln, bevor sie genervt stöhnte und Angel lachen musste.

„Solltest du heute nicht herumgeführt werden?", fragte sie und stemmte einen Pappkarton mit Druckerpapier zu einem Regal.

„Ja, eigentlich schon, aber noch habe ich keine Nachricht bekommen oder so." Obwohl sein Handy nicht auf ‚lautlos' war, kontrollierte er noch einmal, schüttelte jedoch den Kopf. Es kam ihm fast so vor, als wäre er vergessen worden.

„Na ja." Sie sortierte die einzelnen Packungen in die dafür vorgesehenen Fächer und Angel tat es ihr gleich. „Gehen wir jetzt mittagessen?"

„Klar."

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Jemand klopfte an die Tür. „Herein.", rief der Overlord lustlos, den Körper seinem Gast nicht zugewandt; es würde sowieso nur wieder Mary oder Tex sein.

„Hallo, Sir." Aber rein kam Angel. Seine zuckersüße Stimme mit dem kleinen New-Yorker-Akzent veranlasste ihn, sich ihm zuzuwenden.

„Angel.", hauchte er unabsichtlich. Scheiße, er wollte nicht so atemlos klingen, wie er es tat. Er musste es als Unglauben über sein Aufkreuzen tarnen, der Junge durfte unter keinen Umständen erfahren, dass seine Nacht durch sein Stöhnen erfüllt war. „Was hast du?" Nachdem er sich aufrecht hingesetzt hatte, bedeutete er seiner neuen Lieblings-Seele, auf dem Sessel vor ihm Platz zu nehmen, wo bei ihrem letzten Treffen ein Stuhl stand. Er hatte aufgerüstet.

Angel setzte sich mit einem aufrichtigen, schwankenden Lächeln, dankbar für seine Freundlichkeit. „Die Sicherheitsstufen für die Etagen, also, diese Etage kann man nur mit der zweiten erreichen?"

„Ja. Wenn es zu Problemen kommt, was die Arbeit betrifft, wendet man sich an den Schichtleiter. Normalerweise kommt dann niemand zu meinem Büro." Was nicht bedeutete, dass Husker Angel nicht in seinem Büro haben wollte. Über den Schreibtisch gebeugt. Während sein gefiederter Schwanz sich um einen seiner vielen Arme schlang.

„Wie bin ich dann gestern mit meiner Karte hergekommen?"

Husker schüttelte seine Gedanken ab. „Ich habe dir eine einmalige Zutrittserlaubnis für den 10. Stock erteilen lassen. Apropos, wie bist du jetzt auf diese Etage gekommen?"

Er zögerte kurz. „Mary hat mich hergebracht."

Zumindest hatte sie einmal etwas nützliches getan. „Bist du deshalb hier?"

Angel zischte. „Nein. Ich habe eine Bitte, Sir. Es geht um das Event. Ich habe mich umgehört und mitbekommen, dass das geplante Geld für das Event... möglicherweise nicht ausreicht. Im Sinne von: Es ist viel zu wenig."

Das war noch unerwarteter. Scherte Angel sich nach einem Tag in seinem Casino schon um die Probleme der anderen? Obwohl, vielleicht erpressten sie ihn auch, er nannte sehr bewusst keinen Namen. Wenn ja, müsste er danach noch ein ernstes Wörtchen mit dem Planungskomitee reden müssen. „Wieso kommst du dann zu mir, der mit der Planung und allem rein gar nichts zu tun hat?", forderte er zu wissen.

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„Ich... Die meisten Ihrer Mitarbeiter haben Angst vor Ihnen, Sir. So viel, dass sich bisher anscheinend keiner getraut hat, das anzusprechen." Angel wollte ihn subtil darauf hinweisen, eine bessere Beziehung zu seinen Mitarbeitern aufzubauen, aber ihm war bewusst, Husker würde das nicht versuchen.

„Und hast du Angst vor mir?" Die Frage wurde neutral gestellt, so als würde ihn die Antwort interessieren, er würde aber mit Ja und Nein zufrieden sein. Ein Trick, Overlords wollten immer Angst und Schrecken verbreiten, als buchstäbliche Anführer der Hölle.

„Ich habe ein gesundes Maß an Angst vor Ihnen, Sir, würde ich sagen." Das stimmte tatsächlich und er sagte es auch, weil er einsah, dass die Wahrheit hier am besten funktionierte.

Angel hatte Glück und kam damit durch, denn Husker nickte bestimmt, bevor er aufstand, sich umdrehte und eine dieser Superschurken-stehen-vor-dem-Fenster-Posen einnahm, nur nicht nah genug, um seine Spiegelung zu erfassen. „Ich kümmere mich um alles weitere. Du bist entlassen, Angel."

„Wiedersehen, Sir." Das war seltsam. Kurz außerdem. Aber am kuriosesten war für Angel die Art und Weise von Husker, seinen Namen auszusprechen. Als wäre er gereizt gewesen, gleichzeitig jedoch nicht wütend. Zu gehen, war dennoch die beste Entscheidung, Angel floh zügig aus dem Raum auf den Gang, wo die Anwesenheit der Wachen ihn erschreckte. Er hatte sie ganz vergessen gehabt.

Gott, sein Hirn war vor dem Eintreten so leergefegt, vor Angst, er könnte Husker dazu bringen, den Geduldsfaden zu verlieren und ihm seine Overlord-Macht zu demonstrieren, um ihn unterwürfig zu machen. Das war es, was verdammte Overlords wollten!

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Seinen Katzenschwanz ruhig zu halten, besonders, als sich das Gespräch dem Ende neigte, war eine Konzentrationssache. Sobald Husker es bedenkenlos zulassen konnte, schwang er aufgeregt von links nach rechts; ein Ausdruck seiner Freude und - viel zutreffender - seiner Erregung.

Wann, um Gottes Willen, hatte Angel angefangen, nur noch ‚Sir' zu sagen? Einmal war normal. Dreimal verkraftbar. Fünfmal bestenfalls fragwürdig. Warum er mitgezählt hatte? Wer weiß das schon...

Als hätte diese hinterhältige, hinreißende Spinne exakt bescheid gewusst, was er ihm antat. Bei seiner Stimme - seiner selbstbewussten Stimme - ging jedes ‚Sir' sofort an seinen Schwanz verloren, und dieser befahl ihm, Angels Kette zu beschwören, damit... 𝘖𝘩, 𝘦𝘴 𝘨𝘢𝘣 𝘴𝘰 𝘷𝘪𝘦𝘭𝘦 𝘔ö𝘨𝘭𝘪𝘤𝘩𝘬𝘦𝘪𝘵𝘦𝘯.

Von Verbeugen bis auf die Knie zwingen, sein Kopf spielte jedes Szenario durch, um ihn unterwürfig zu machen.

Husker holte sich eine Flasche des edelsten Weins hervor, den er besaß. Nach dem Öffnen kippte er sich einen halben Liter runter, wischte sich mit dem Rücken seiner Pfote den Mund ab und verschmähte den ekelhaften Geschmack. Er war eindeutig kein Weintrinker und ließ ihn im Regal eigentlich immer links liegen, aber heute war ihm so mancher Scheiß-Geschmack egal. Alles, was ihn ablenken konnte.

Als Angel ihn mit seiner Anwesenheit beehrte, überlegte er, wen er mit seiner Führung beauftragen würde. Aber keiner schien besonders geeignet. Die meisten zur Verfügung stehenden waren Männer, und auch wenn er sie noch nie etwas Verwerfliches hatte tun sehen, konnte Angel einem zu so manchen Dingen verleiten. Er sprach aus Erfahrung.

Er brauchte jemand widerstandsfähigen, jemanden, der sich auskannte und obendrein nett zu ihm war. Und natürlich seine Sicherheit gewährleisten konnte, falls sie auf durchgeknallte Fans unten treffen würden. Tex! Das war eine gute Idee.

Husker funkte ihn an, der Höllenhund kam, trotz der Art, wie ihr vorheriges Treffen ausging, und er erklärte ihm die Aufgabe.

Tex, dessen Selbstsicherheit keinen Schaden genommen hatte, hinterfragte: „Entschuldige, Sir, bin ich dafür nicht überqualifiziert?"

Er schlug sich eine Hand aufs Gesicht und stöhnte: „Fang nicht du auch noch damit an." Der Katzen-Dämon erhob sich, während sein Leibwächter eine Augenbraue hochzog - wenn er nur gewusst hätte, was das kleine Wörtchen ‚Sir' an Bedeutung für den Dämon erlangt hatte - und stellte sich ans Fenster. Der Ausblick war derselbe, seit Jahrzehnten; neue Häuser und Menschen, nur der Himmel war immer in Rot getaucht. Man alterte nicht mehr; Jahreszeiten existieren schlichtweg nicht. „Du bist perfekt für die Aufgabe. Ich gebe ihm bescheid, du triffst Angel vor seiner Suite. Zimmernummer: 727. Kann ich mich auf dich verlassen?"

„Wird erledigt, Husk." Damit ging Tex zuversichtlich los.

Husker dachte daran, vielleicht ein paar Spiele mit den Highrollern und VIPs zu spielen, um sich die Langeweile zu vertreiben, damit er auf andere Gedanken kommen würde. Letztlich fehlte ihm jegliche Motivation, sich mit einem hochkarätigen Motherfucker hinzusetzen und seine Zeit zu verschwenden.

⪻╾────⊹⊱ ◆꒰ঌ♡໒꒱◆ ⊰⊹────╼⪼

16:00 Uhr erhielt Angel eine Nachricht von Huskers Assistentin Mary. »Lord Husker hat mir geschrieben. Derjenige, der dich beim Rundgang begleiten soll, wird gleich an deiner Zimmertür auftauchen.«

Na fantastisch. Angel war gerade in die Disco auf Etage 11 gegangen, wollte ein paar einigermaßen anständige Typen anquatschen und die Nacht das Bett teilen, wie eine durchschnittliche, sexsüchtige, auf Entzug sitzende Hure. Aber nein, sein Boss musste ihm das versauen, weil er den ungünstigsten Zeitpunkt gewählt hatte. Denn wer glaubte, in einer Disco nur für Casino-Personal wäre nachmittags noch nichts los, irrte sich gewaltig. Der Laden war Rappel dicke voll, nun, der Ort war nicht so groß wie die meisten von Valentinos Clubs, aber... mit willkommenerer Atmosphäre. Die Blicke waren trotzdem hungrig, sie erkannten ihn. Gut. Für den Anlass hatte er extra sein kurzes, schwarzes Kleid mit Korsett angezogen.

Seufzend schüttete Angel sich den Martini runter, den er gerade erst mit seinem eigenen Geld gekauft hatte, hielt eine abweisende Hand in die Richtung eines geilen Succubus und bahnte sich den Weg zur Tür mit dem fucking Notausgangsschild. Das hatte er bisher nur in den Filmen und Serien von der Erde gesehen, aber hier in der Hölle? Es juckte kein... -en. Angel weigerte sich, das Sprichwort fortzuführen und Schweine zu beleidigen.

»Okay, Furry. Hoffe, er ist heiß 😜« Die Spinne wollte sie ärgern, eigentlich war Angel das im Moment nicht wichtig; wenn es ein Kerl war - und nicht so prüde wie Husker -, konnte er ein guter Fick sein. Die Leere füllen, die vom rausgerissenen Teil in ihm, die der Porno-Overlord nicht mit dem Vertrag übertrug, sondern für sich behielt, entstanden war.

Er könnte dem Wunsch nach Drogen zwar mit massenweise Alkohol entgegenwirken, für einen gewissen Zeitraum jedenfalls, da er weniger Stress hatte und nicht von all dem Scheiß, den Valentino ihm aufzwang, belastet wurde, aber ganz ohne körperliche Nähe, Berührungen, begehrt zu werden - wollte er auch nicht leben. Nur gut, dass die Hölle ihn versehentlich mit dem Körper eines Engels eingewiesen hatte; an Liebhabern würde es ihm niemals mangeln. Jeder wollte ein Stück von DEM Angel Dust. Außer Glücksspiel-Overlord Husker.

Aber da gab es noch ein anderes Problem. Wie sollte er das nächste Mal zu Husker kommen? Obwohl er sich fragte, warum er das sollte. Sein neuer Overlord war nicht an ihm interessiert, wie Valentino es war. Er war irgendwie nett und... trotzdem seltsam. Und wenn er wieder Mary in die Sache mitreinziehen würde, um auf die Etage zu kommen, würde es auch nicht gutgehen.

Aus dem Aufzug raus, schlenderte er in Seelenruhe zu seiner Tür. Ein "Gleich" konnte vieles bedeuten, und er wäre mit Sicherheit nicht der erste am Treffpunkt. War das arrogant? Oh, ja. Das konnte Angel sich jetzt leisten, er wollte die Göre spielen und er wollte es ausnutzen, unberührbar auszusehen, jetzt, wo er keine Pornos mehr drehte.

Vor seiner Tür wartete ein Höllenhund. Er war überdurchschnittlich muskulös, trug eine schwarze Weste mit abgerissenem Ärmelansatz und hatte nur ein Auge - ein richtiger Hingucker. Er verschränkte die Arme vor der Brust, sah aus wie ein Rocker, dem die Welt um ihn herum egal war und registrierte seine Anwesenheit schon bei mindestens 12 Metern Entfernung. Dass Angel augenblicklich seine Hüfte mehr in Schwung versetzte, war plausibel, und auch sein zähnezeigendes Grinsen - das des unverwechselbaren Angel Dusts - einleuchtend.

„Du bist also Angel Dust?", fragte er vorsichtshalber. Angel summte zustimmend. Wen wollte der Typ verarschen? Sein Gesicht bedeckte die Hälfte aller Leinwände von Pride! Einschließlich Poster, Kaffeetassen, die Sin-Tube-Startseite und diese länglichen Kissen, deren Bedeutung Angel bis heute nicht verstand; irgendein Anime-Ding oder so. Warum kauften die sich nicht einfach eine Sex-Puppe? Mit seinem Gesicht.

„Ich bin Vortex, du kannst mich aber Tex nennen.", stellte er sich vor. Viel zu höflich, das passte nicht zur Kleidung; Angel hatte mit einem gerechnet, der ihn ordentlich gegen die Wand drücken konnte, bei diesen Muskeln...

„Angel, willst du dich vorher umziehen, bevor wir starten?" Eine Frechheit, er war noch frisch geschminkt, welcher normal denkende Mann würde ihn nicht in diesem Outfit sehen wollen? Oh, nein. War er ein Hetero? 𝘜𝘨𝘨𝘩𝘩𝘩. Dabei war er auch gutaussehend!, schmollte er, doch sein Lächeln versiegte nicht. Den meisten heterosexuellen Männern war es egal, ob Angel ein Mann war, weil er etwas so feminines an sich hatte, jedoch nicht allen.

Angel gab sich geschlagen. Wäre sowieso sinnlos. „Na gut.", stöhnte er, zog seine Karte raus und schlüpfte in die Wohnung. Er schnappte sich einen rosa-weiß gestreiften Anzug, schwarze Shorts mit pinken Akzenten und trug ein dezenteres Make-Up auf.

Tex nickte entschieden, als er rauskam und ging vor. „Wir starten im Erdgeschoss, der Lounge ganz unten. Dort sind der Eingangsbereich, Rezeption und Sicherheitskontrolle, Bars und Sitzbereiche. Und natürlich die Spieltische.", erklärte er zuversichtlich, während sie sich auf den Weg nach unten machten. Unten angekommen war alles in vollem Gange. Die Spielautomaten drehten sich, die Bars waren voll besetzt, weshalb die Barkeeper auf Hochtouren hinter dem Tresen arbeiteten; es baute sich eine Schlange vor der Sicherheitskontrolle auf. Der Anblick war ungewöhnlich, weil sich nicht oft Gedanken darüber gemacht werden, ob jemand eine Waffe mitnimmt oder nicht, die Hölle war geflutet mit Waffen. „Ah, das. Die Sicherheitsmaßnahmen in diesem Gebäude sind streng reguliert, damit ein Raum für gewaltfreie Verhandlungen und Deals geschaffen wird. Außerdem wollen wir nicht jeden Tag die Böden von Blutlachen befreien müssen, weil ein schlechter Verlierer unsere Gäste angreift."

Angel beobachtete abwesend, wie ein Salamander-artiger Sünder am Kragen gepackt und auf eine Gasse neben dem Casino geschubst wurde.

Sie gingen eine der drei großen, imposanten Treppen hinauf, von denen zwei an den Seiten und eine in der Mitte verliefen. Die nächsten vier Etagen, die noch zum Casino gehörten, wurden alle durch diese Treppe gerade aufwärts oder seitlich schlängelnd verbunden und von den Etagen aus konnte man wie von einem Balkon ins Erdgeschoss runterschauen. „Weiter geht's mit dem 1. Stock. Bars, Sitzbereiche, Spieltische und - was die nächsten zwei Etagen nicht haben - eine Bühne.", präsentierte der Höllenhund, immer mit einem subtilen Lächeln.

Die Bühne war sofort sichtbar, wenn man das Stockwerk betrat. Sie war groß, vor allem breit und mit einer Menge Beleuchtungsmöglichkeiten versehen, die ein unglaubliches Bühnenbild abgeben würden. In der Mitte stand ein Mikrofon-Ständer, das hieß - und Angel hatte es sich schon gedacht -, Gesang würde den Großteil der Shows ausmachen. Im hinteren Teil stand ein eleganter Flügel; ein Saxofon und eine Trompete in Halterungen. Der öffentliche Bereich war wesentlich kleiner, vermutlich da Platz für Vorbereitungsräume und Umkleiden gebraucht wurde, aber dennoch genug für viele Zuschauer.

Im 2. Stock angekommen, gab es wieder Bars, Sitzbereiche und Spieltische, genau wie im 3. Stock darüber und nicht sonderlich anders vom Grundriss her. Dann kamen sie in den 4. Stock.

„Hier sind die privaten Spielzimmer und es gibt neben den Bars auch mehrere Balkone, für eine bessere Atmosphäre, wenn besondere Gäste lieber im Privaten spielen, oder Husk mal aus seiner Kammer rauskommt.", schmunzelte er.

„Was?", fragte Angel verdutzt. Hatte Tex gerade seinen Boss beleidigt und ihn nur ‚Husk' genannt? Er musste eine besondere Beziehung zu ihm haben, wahrscheinlich kannte er ihn gut.

„Äh, also wenn Lord Husker Spiele mit Highrollern annimmt, oder manchmal besuchen uns sogar Mitglieder der Goetia-Familie.", korrigierte Tex, etwas hibbelig, wegen des Versprechers. Nach kurzer "Stille" - der Stille sagte er: „Wie auch immer. Jetzt gehen wir in die 5. Etage." Tex führte ihn zu einer Wendeltreppe, bei der man, um zu ihr zu gelangen, an den Privatzimmern vorbei durchgehen musste. Zumindest, wenn man sich dagegen entschied, einfach einen der verdammten Aufzüge neben den Treppen zu nutzen. Aber er war wohl einer dieser "für ein Stockwerk fahren, lohnt nicht-Typen".

Jedenfalls war im 5. Stock ein Restaurant, auch für die Öffentlichkeit und ein schickes noch dazu. Gleich daneben eine Krankenstation - für Mitarbeiter kostenlos, für Gäste zahlungspflichtig, erklärte der Höllenhund. Doch den meisten Platz nahmen die Vorbereitungsräume ein, es gab einen für Barkeeper, Kellner - wo Angel morgen hin sollte -, Putzkräfte und so weiter. „Dann kommen wir zu den Mitarbeiter-Etagen."

Die 6. Etage bestand aus einer Wäscherei, einer Schneiderei und den Hotelzimmern für die Wachen aka Höllenhunde. Beim Fahrstuhl hing ein Gebäudeplan mit den Freigabestufen. Ab Freigabestufe 2 konnte man in den Keller zu Trainingsräumen, in den 13. Stock zu Versammlungsräumen und sowas, und in den 10. Stock zu Huskers Büro... Moment. „Wozu braucht man dann Stufe 3?"

„Hm? Ah, nur die oberen beiden Etagen, die sind hier nicht aufgelistet, das ist das Privat-Penthaus vom Boss und vereinzelte Bereiche im Casino."

Es folgten noch mehr Hotelzimmer auf den Etagen 7-9, aber mit Balkonen! Und im 11. sowie 12. Stock die Gemeinschaftsräume für Mitarbeiter mit Disco, Kino, Kantine und noch mehr.

Als der Höllenhund der Spinne zeigte, dass es auf Etage 8 zwei und auf 9 einen Balkon vom Flur aus gab, war Angel eingeschnappter, als es seine Persönlichkeit hätte zulassen sollen, denn er staunte auch, wie groß sie aussahen mit Stühlen und Tischen und allem.

„Ach komm schon", versuchte Tex ihn aufzumuntern, „du hast das Zimmer 727, du hast einen eigenen Balkon, die anderen nicht.", sagte Tex, während er ihn ein wenig in die Seite stieß.

Ohne auf das angedeutete ‚du hast einen Balkon, die anderen nicht, du bist etwas besonderes' einzugehen, verweilten Angels Gedanken immer noch bei seinem Overlord. Und in der Disco, denn da würde er heute Abend auf jeden Fall nochmal hingehen.

Ooooder... Genau das war der Plan des Overlords! Ihm keine Chance auf Sex geben, damit Angel verzweifelter wurde und es mit ihm versuchte... Deshalb der uninteressierte Typ - bei näherer Betrachtung, wahrscheinlich ein echter Hetero, der mit Männern ein ‚Kumpel' war -, deshalb die Nachricht, kurz bevor er sich einen Kerl schnappen konnte. In der Disco waren ihm zwar keine Kameras aufgefallen, in diesem Flur auch nicht, aber im Aufzug? Möglich, er war nicht alleine und es wäre seltsam rübergekommen, sich an der Decke umzusehen, obwohl sein Instinkt ihn dazu aufforderte.

Doch, wo er so drüber nachdachte, so verbittert und distanziert - er konnte eigentlich nur ein perverser Kater sein.

Chapter 6: Angst fasst Fuß

Notes:

Nun findet ihr heraus, warum ich das hier anonym poste. Es wird dreckig, Freunde.

(See the end of the chapter for more notes.)

Chapter Text

Husker lag im Bett. Im Bett war es am schlimmsten. Alles war laut, selbst das kleinste Knirschen und Knistern. Es war nicht so, dass er nach seinem langen Tag nicht müde war, sein Kopf war nur einfach nicht leer genug. So viele Dinge, an die er denken musste. Vorrangig Angel. Irgendwann atmete er beruhigt aus und schlief ein.

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Er öffnete die Tür. Nein, jemand, der nicht er war; er stand auf der anderen Seite. Er blickte sich um, doch alles war verschwommen, verzerrt oder unidentifizierbar – überwiegend schwarz-rote Streifen, die ineinander übergingen. Ein Teil klappte in der Wand auf. Dort musste eine Tür sein, warum sonst konnte sie sich öffnen?

Ein Wesen – er nahm an, es war ein Sünder – betrat den Ort mit seinen verwaschenen Rosa-Tönen. Es sah wirklich, wirklich schön aus. Bis plötzlich alles in sich zusammenfiel und sich ausweitete gleichzeitig. Davon schwankte er und musste sich stabilisieren. Am Tisch, der Tisch vor ihm. Sein Bürotisch. Und das machte ihn stutzig. Auf einen Schlag war alles, bis ins kleinste Detail, sichtbar.

Er befand sich in seinem Büro, vor ihm stand Angel. Wer auch sonst? Er sah umwerfend aus. War das ein rotes Abendkleid, das er da trug? Jedenfalls gefiel es Husk sehr. Besonders an ihm. Er musterte sich selbst von oben nach unten und erkannte, dass er bloß in einer Hose mit Hosenträgern gekleidet war. Aber das war nebensächlich, Angel lächelte ihn so schön an. Wahre Freude zeichnete sein Gesicht und seine Nervosität seine Körperhaltung. Angel biss sich auf die Lippe. Es war so süß. Und er blieb still stehen, ohne ein einziges Wort. Der pure Traum der Verführung.

Ab und an blinzelte Angel, wurde nervöser oder lockerer. Dann wurde es Husk klar, er wartete auf ihn. „Warum bist du hier? Angel.“ "Angel" hauchte er, wie, als er mit ihm sprach... Irgendwann, wann war das nochmal?

„Ich war so aufgeregt, als ich ihre Nachricht las, Sir.“ Kam es ihm nur so vor, oder passte das nicht? Vielleicht war Angel heute verwirrt.

„Was genau hat dich so aufgeregt?“, fragte er. ‚Erregt‘, korrigierte sein Gehirn. Aber was wäre das denn für eine Frage? Seine Stimme war tiefer als normalerweise; kehliger, vor Verlangen.

„Na ja, Siirrr.“ Das "Sir" zitterte er und es fühlte sich gut an. „Sie waren nicht subtil.“ Ein Mitleid erregendes kurzes Lachen machte seiner Nervosität nur noch mehr Raum. „Sie sagten..., Sie wollen mich...“ Er quetschte die Schenkel zusammen, aus irgendeinem Grund hasste Husk es. „Sie wollen...“ Er brachte es wieder nicht über seine Lippen.

Husk wollte es wissen, er wollte es UNBEDINGT WISSEN.

„Sie...“ Noch ein bloßes Zittern. Husk knurrte wütend, beschwor die beißend rote Kette in seiner Pfote und beobachtete Angels verängstigte Augen. Er genoss das Gefühl der Schwere seiner Kette.

Natürlich zog er so hart, dass Angel auf den Tisch prallte und... aufstöhnte? Eine seltsame Reaktion, aber nicht beabsichtigt; Angel hatte immer noch Angst vor ihm.

Die Kette hatte mehr Gewicht als sonst, aber seine Stimme rief ihm zu und jubelte, dass Angel es verdiente. Er war so ein böser Junge gewesen. Also beugte der Katzen-Dämon sich vor, an Angels Ohr. „Sag es.“, flüsterte er befehlend, sodass er wissen musste, wenn er es nicht tat, würde ihn eine harte Strafe erwarten.

„Sie wollen mich anketten und ficken, bis ich die Stimme verliere, Sir.“, wimmerte Angel.

Er zog etwas stärker an der Kette. „Und was noch?“ Husk hatte Gefallen an all dem gefunden.

„Sie wollen, dass ich brav bin, Sie ‚Sir‘ nenne und auf die Knie gehe, wenn es mir befohlen wird.“ Seine Stimme war ein Flüstern, sein Zuckender Körper ein Durcheinander.

Husk kontrollierte sein unbändiges Knurren nicht, es kam aus seinem tiefsten Inneren. „Sprich weiter.“, stichelte er.

„Sie wollen mich bestrafen und fesseln, damit ich nie wieder fliehen kann, weil meine ganze Seele Ihnen gehört, Sir.“ Ja. Das fühlte sich gut an. Husk blinzelte, der Hintergrund war sein Penthouse, jedenfalls so ähnlich. Angel störte der Umgebungswechsel nicht, als wäre er ihm völlig entgangen und starrte weiter auf die Kette, umschlossen von der Pfote seines Besitzers. „Bitte, verschont mich, Meister! Ugh!“ Angel zuckte zusammen, während der Tisch, der sie getrennt hatte, verschwand; er konnte gerade noch so verhindern, dass er umkippte.

„Ah-ah-ah. Du kannst nicht sagen, dass du jetzt Angst hast. Bei unserem ersten Treffen hast du mich quasi angefleht, dich zu ficken!“ Husk lachte dunkel. Was ihm gehört, durfte er nach seinem Ermessen gebrauchen.

„Nehmen Sie mich in Ihre Folterkammer, Meister, um mich büßen zu lassen?“, fragte und bettelte er halb.

Husk hätte verwundert sein müssen, über den ihm unbekannten Raum in seiner Wohnung. Stattdessen nahm er es hin, schritt vor und zerrte seinen Liebling mit hinein wie einen Straßenköter. So manövrierte er ihn ebenfalls auf die Knie. „Natürlich musst du für deine Taten büßen, Angel.“

Eine Vorrichtung für Ketten in der Wand erregte seine Aufmerksamkeit; sein teuflisches Grinsen reifte weiter aus, als er ihn mit dem Rücken zu ihm zwang. Die roten Seelenketten manifestierten sich um seine zwei oberen Handgelenke und am anderen Ende an der Halterung. Sein zweites Paar wurde an den Handgelenken runtergezogen und an den Oberschenkeln befestigt. Dort, wo sein drittes Armpaar ausgestreckt werden konnte, wickelte eine Kette sich zweimal um seine Taille. Jede Kette rasselte, sie zogen sich fest, allein durch Husks Vorstellungskraft befehligt.

Die herrliche Stille wurde nur durch Angels Geräusche übertönt. Normalerweise begrüßte er Angels Stöhnen und Wimmern in allen Aspekten, dieses störte ihn allerdings. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auf dem Tisch nach einem Ballknebel zu tasten, um seine Seele zu bändigen. Auf keinen Fall würde er Ungehorsam ungestraft lassen.

Den roten Ball in Angels kleinen Mund zu stecken, der perfekt zu seinem roten Cocktail-Kleid passte – war es nicht einmal länger? –, hatte etwas erfüllendes an sich. Klar, Angel war nicht einverstanden, das kleine Ding wehrte sich leicht, aber er konnte nichts tun, um Husks Forderungen zu widerstehen. Sein Verlangen hatte die Oberhand gewonnen. Angel konnte noch so viele gedämpfte Schreie von sich geben, wenn sein Meister ihn nicht ließ, waren sie hoffnungslos. Meister. Wann hatte Angel "Meister" statt "Sir" gesagt?

Angel zappelte, versuchte den roten Ketten zu entkommen, als Husk fest seine Pfoten um seine Hüften legte. Sein Angel ging nirgendwo hin. Zeit zu schauen, was sich unter seinem kleinen Kleidchen verbarg. Mit Freuden schob er den dünnen Stoff hoch. Sein nackter Arsch streckte sich ihm entgegen. Hah –  Angel, Angel. „Du bist doch kein so guter Junge, nicht wahr?", fragte er und drückte seine Hose gegen die Pobacken.

Eine von Huskers Pfoten legte sich um seine Kehle, es erinnerte ihn an das Halsband, das sich, trotz, dass es nicht verbunden war, um den Hals seines Angels schlang. „Du bist an anderen vorbeigegangen, während du nackt unter deinem Kleid warst? Was hätte alles passieren können, wenn jemand es bemerkt hätte? Angel?“, knurrte er diabolisch, während er die Pfote an der Hüfte nach oben entlang zu seiner Brust gleiten ließ. „Du gehörst allein deinem Overlord, Angel. MIR.“

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Das Wort hallte, so laut, dass seine Wohnung sich von den Schwingungen aufzulösen schien; er spürte keinen Körper mehr in seinen Händen und auch nicht die Hose, die er getragen hatte. Er erwachte.

Das war mal ein... detailreicher Traum. Und die enden immer an der besten Stelle, verdammt! Aber gleichzeitig – was zur Hölle?! Nur weil er sich Angels Körper neben ihm beim Aufwachen wünschte – mit seiner Einwilligung –, hieß das nicht, dass sein Hirn solche Träume produzieren musste!

Verschlafen rieb Husker sich die Schläfe, hoffend, er würde diesen Traum bald wieder vergessen, so wie all die anderen, die er in die Schublade der Perversion einordnete. Er wollte seinem Angestellten nicht derartig nahe stehen, oder sich auch nur vorstellen, ihn wirklich zu kennen. Parasoziale Beziehung konnten gefährlich sein. Und im Prinzip kannte der Kater nur Angels Körper, nicht seine Persönlichkeit.

Er schnaubte frustriert, während er sich zur Dusche schliff; dabei wusste er genau, dass es seinem Fell nicht guttat, jeden Tag zu duschen, und das hatte er erst gestern, doch unter seiner Haut fühlte er sich verdammt schmutzig.

Er stieg in die Dusche, ertastete den Duschkopf mit noch halb-geschlossenen Augen und drehte auf. Eine heiße Dusche am Morgen vertrieb Schmutz und Sorgen. Nein, ruderte er zurück, die Sorgen überhaupt nicht.

⪻╾────⊹⊱ ◆꒰ঌ♡໒꒱◆ ⊰⊹────╼⪼

Er erwachte; Angel wurde von seinem Wecker wachgerüttelt. Neben ihm schlief der Höllenhund – Jimmy – noch. Ja, tatsächlich erinnerte er sich noch an den Namen vom Typen in seinem Bett, weil er gestern nur getrunken und nicht geschnupft hatte. Angel war gerade einmal angeheitert, zurück in der Disco, als Jimmy auf ihn zu kam, um ihm noch einen Drink auszugeben; sie hatten geflirtet, sich angefasst und sind dann zu seinem Zimmer runter und hatten ausgelassenen Sex. Der Höllenhund kannte ihn natürlich aus seinen Filmen, Angel erklärte ihm, dass er neu dort sei und obendrein war Jimmy sogar sehr höflich gewesen und machte ihm viele Komplimente. Er war insgesamt okay, nicht zu sanft, aber auch nicht hart genug, um ihm seinen ersten Arbeitstag zu erschweren.

Während Angel aufstand, damit er sich fertigmachen und vielleicht pünktlich zur Arbeit kommen konnte, regte sein Begleiter sich ebenfalls und stöhnte schlaftrunken über das Bettgerüttel. Die Spinne ignorierte ihn und goss sich ein Glas Wasser in der Küche ein, dann zog er sich ein "anständiges" Kleid an. Es war schulterfrei, in rosa-weiß gestreift, sein Brustflaum hing teilweise darüber, mit Schleife am Gürtel und einer Art schwarzem Bleistiftrock darunter. Dazu trug er sein schwarzes Halsband und eine pinke Fliege passend zu seinen Handschuhen.

Davor hatte er sein Handy auf neue Nachrichten gecheckt. Der heutige Tag sollte wirklich nur zuhören, lernen und zuschauen sein, wie ihm Mary schrieb. Er sollte also etwas Anständiges tragen, zur Arbeit zum Vorbereitungsraum der Kellner gehen und danach zur Schneiderei, um seine Maße für eine Uniform nehmen zu lassen. Hörte sich wie ein Plan an.

„Morgen.“, murrte Jimmy. Mittlerweile war er aufgestanden, er gähnte ausgiebig, während er sich träge die Hose von gestern überstreifte.

„Beeil dich.“, grunzte Angel gereizt, nachdem er die Uhrzeit gesehen hatte. Noch zwanzig Minuten zum Frühstücken und an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Er schwor, nur kurz im Bad für sein Make-Up gebraucht zu haben.

„Ja, okay.“, nörgelte der Morgenmuffel. „Du hättest wenigstens zugeben können, dass wir Spaß hatten.“ Das verwunderte Angel zuerst, keiner seiner Kunden wollte wirklich hören, wie es Angel gefiel, ohne dass es darum ging, ihr großkotziges Ego zu puschen.

Vielleicht reagierte er deshalb so angenervt und murmelte: „Ja, ja, jetzt raus aus meinem Zimmer, ich muss zur Arbeit.“ Er warf einen Blick auf den fast angezogenen Höllenhund, bevor er schnaubte und schon mal zur Tür ging. An der Garderobe musste er keine Schuhe anziehen, er hatte seine High-Heels nämlich wieder nicht ausgezogen, das tat er nie in der Gegenwart eines anderen oder wenn er sich unwohl fühlte.

„Das nennst du Zimmer? Du hast eine ganze Wohnung bekommen, ein so großes Hotelzimmer hab ich noch bei keinem gesehen!“, beschwerte er sich, aber er schien auch beeindruckt.

Mit einem zustimmenden Summen, antwortete Angel. Während des Wartens schrieb er Charlie eine Nachricht: »Morgen, Prinzessin, hast du Fat Nuggets heute schon gefüttert? Du musst die große Packung mit dem Trockenfutter nehmen und am besten packst du auch Obst und Gemüse dazu«

Charlie schickte ihm direkt: »Ja, alles erledigt, ich habe ihn außerdem zusammen mit Keekee und den Egg-Boys in Vaggies und meinem Zimmer gelassen, damit sie zusammen spielen können!« Im Anhang war ein Foto von Fast Nuggets.

»Noch schläft er aber.«

Angel konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und textete ihr: »Ouuuhhh! Mein Baby ist so süß!«

„Was schaust du dir da an?“, fragte Jimmy neugierig, als er fertig auf ihn zukam. Für einen Moment rang Angel mit sich selbst, ob er es ihm zeigen sollte; sein Nuggsie war einfach so unheimlich süß! Allerdings war er nur ein One-Night-Stand, weil Angel es brauchte, umso weniger er über sein Privatleben wüsste, umso besser. Am Ende entwickelte er noch Gefühl für ihn oder so einen Scheiß.

„Nichts. Ich muss zum Frühstück.“, erwiderte Angel und legte sein Handy beiseite. Irgendwie verspürte er wirklich Hunger, was neu war, wenn er normalerweise Drogen nahm, die sein Hungergefühl unterdrückten und stattdessen seinen Magen füllten. Außerdem war das Essen gut.

„Kann ich dich begleiten, Süßer?“ Uunndd es fing schon an. Was war an ‚Raus aus meinem Zimmer‘ so schwer zu verstehen? Angel wollte keine Beziehung, doch er hatte sich schon gedacht, dass welche das hier versuchen würden; in der Disco wurde er kein einziges Mal am Hintern begrapscht, nur geringfügig als "Hure" angesprochen, und wenn, dann als Jobbeschreibung – kein Scherz –, und alles schien so respektvoll höflich. Husker stellte anscheinend nur die nicht ganz versaute Gesellschaft ein, die unschuldig verzweifelt genug war, um in der Hölle nach Liebe zu suchen.

„Ich hab dir schon gesagt, dass ich kein Interesse habe.“, sagte Angel, verriegelte seine Zimmertür und wollte, ohne ein weiteres Wort, verschwinden.

Jimmy ging ihm aber nach, er eilte an seine Seite. „Und wieso, du bist doch nicht vergeben, Angel?“

Langsam verwandelte sich sein Gang in Stapfen. „Ich bin ein Pornostar, was bringt dich auf die Idee, ich würde eine Beziehung wollen?!“, schimpfte er verärgert.

Der Höllenhund versuchte, mit ihm Schritt zu halten. „Warst – Vergangenheit. Außerdem wäre das trotzdem keine Erklärung, ich kannte mal eine Prostituierte und sie hatte einen langjährigen Freund! Komm schon. Wollen wir es nicht wenigstens versuchen?“, flehte Jimmy, er faltete seine Hände, als würde er beten. Wie erbärmlich.

Angel war wütend. Er war nicht der Typ, der sein Leben mit jemandem teilen wollte; der sich verdammt nochmal verliebte – er hatte den Fehler schon einmal gemacht. Und für Monogamie war er erst recht nicht geeignet. „Nein heißt nein.“ Sie bogen ab und kamen zu den Aufzügen, Angel stieg in einen ein und scannte die Karte. Bevor Jimmy ihm hätte folgen können, bremste er ihn mit einer Hand. „Halt. Du nimmst den nächsten.“ Ein Surren erklang, als die Türen sich schlossen.

Er seufzte, als er endlich alleine im Fahrstuhl durchatmen konnte. Er lehnte sich an den eisig kalten Spiegel und starrte auf den leeren Raum hinter sich. Nein, eine Beziehung kam nicht in Frage. Valentino war ein Fehler gewesen, den er bereute und, wie seine Mutter sagte: „Aus Fehlern lernt man.“ Es war schwer genug, seine falschen Versprechungen und schmeichelnden Liebkosungen als Lügen zu akzeptieren. Hinter seine Strategie war er nach ihrem dritten Streit gekommen, bei dem sein Besitzer ihn schlug. Er konnte nicht mehr ernst nehmen, was Valentino fühlte, wenn er seinen Gefühlszustand von Sprachnachricht zu Sprachnachricht änderte. Angel kam aber auch nicht drüber hinweg, sich zu fragen, wie es wäre, wenn sein Liebhaber ihm nur die guten geschickt hätte. Er wäre wohl nie seinem verführerischen Bann entkommen, hätte er nicht diese kindische, unkontrollierbare Art an sich gehabt. Momente, in denen man sich fragen musste, ob ein Mensch, der einen liebte, einen so behandeln würde, gaben ihm die Antwort.

Zuerst liefen die Tränen stumm über seine Wangen, sein Mund war leicht geöffnet im Spiegelbild, aber sein Blick war standhaft trüb. Bis er dann seine Schnodder hochzog und seine Lippen bebend aufeinander presste, wegen des Schluchzens, das sicher über ihn kommen würde.

Ganz frei von Valentino war er nicht. Mit jeder Werbetafel, an der er vorbeiging, an dem noch immer sein Gesicht hing, dachte er an ihn. Glücklicherweise prägte er nicht jeden seiner wachen Gedanken, das war seinem alten Handy verschuldet, welches er beschlossen hatte, im Hotel zu lassen und auf ‚lautlos‘ zu stellen, um die anderen Hotelbewohner nicht zu nerven.

Nein. Er musste sich jetzt zusammenreißen. Was, wenn im Aufzug wirklich eine Kamera installiert war? Husker würde ihn so sehen, das sollte er nicht. Es hätte auch jederzeit jemand reinkommen können. Scheiße, warum hier?! Warum das jetzt?!! Warum existierte er in diesem Moment der Schande hier??!!

Er konnte das nicht. Überhaupt nicht. Sein Körper war zittrig, er hörte die Leute schon vor den Stahltüren herumwuseln, Ehe sie seinen Anblick freigeben konnten.

Als verzweifelter Versuch, sich nicht komplett bloßzustellen, quetschte er sich in die Ecke neben einer Tür. Dort war ein wenig Platz und weil der Spiegel nur an der Seite hing, bestand eigentlich keine Möglichkeit, ihn zu sehen, wenn man nicht im Aufzug selbst stand. Er war sich fast sicher, dass jemand nun einsteigen würde, einfach weil das Schicksal ihn HASSTE. Aber nichts passierte. Bis die Türen wieder schlossen. Angel stand da wie ein Wrack. Er hatte fast vergessen, wie es dazu gekommen war, so unsäglich erpicht und dominierend der Gedanke, jemand könnte ihn so sehen. Als die weinerliche Hure, der heruntergekommene Pornostar, eine dreckige Schlampe mit geringem Selbstwertgefühl. Oh, weil Männer es hassten, wenn er sich selbst schlecht redete, egal wie wahr es war, und trotzdem wollten sie ihn ‚weniger wert‘ nennen.

Aber jetzt war alles gut, richtig? Die Türen geschlossen, er von anderen abgegrenzt und er könnte es schaffen, ohne Augen auf sich zu entkommen. Niemand musste ihn mit wässrigen Augen und verschmierter Schminke erblicken. Beruhig dich!

Solange sein Herz pochte, ging er seine Möglichkeiten in rasender Geschwindigkeit durch. Wohin?! Es war, als könne er das Kratzen seiner Hände an den Wänden nicht aufhalten, weil er keine Kontrolle über sie und seine hektische Atmung hatte. Frische Luft würde ihm guttun. Nur zwei Etagen unter ihm war ein Balkon auf der 9. Etage.

Seine langen Beine quälte er zur Schaltfläche, holte seine Karte hervor, die ihm nicht einmal runterfiel, und klickte, auf dass niemand auf die Idee kommen würde, seinen Fahrstuhl benutzen zu wollen.

Der Himmel musste ihn bemitleidet haben, denn die Türen öffneten und zeigten nur einen leeren Flur auf. Angel ließ sich von seinen Füßen tragen. Das Adrenalin klang langsam ab, dabei bestand immer noch die Chance, dass ihn jemand sah.

Aber keiner, wirklich keiner, lief ihm über den Weg, sodass er genüsslich den kunstvollen Gang bis auf den Balkon betreten und ausatmen konnte. Es war tatsächlich schön; dadurch, dass der Wind ihm sofort ins Gesicht blies, fühlte er seinen Körper eine Gänsehaut bekommen. Eine Empfindung seines Körpers, welche nicht eine physische Einwirkung in Form von Schmerz war, die ihn im Leben nach dem Tod denken ließ, er sei lebendig.

Direkt am Gebäude war noch eine Glasabdeckung, aber dann war es nur ein Boden unter seinen Stiefeln und keine Decke über seinem Kopf. Sie hätten ihn beschissen nennen können, als er sich auf den Boden setzte, anstatt auf einem der Stühle unter der Abdeckung Platz zu nehmen, allerdings wäre ihm das egal gewesen. Irgendetwas an diesem Moment flüsterte ihm verächtlich und doch so gütig zu, er spüre, frei zu sein.

Nach einiger Zeit ging er wieder nach drinnen, er fühlte sich wie die Ruhe selbst. Dazu fand er auch noch ein Badezimmer auf dem Gang, das er benutzen konnte, um sein Aussehen wieder herzurichten. Also drehte er den Wasserhahn auf und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Im Spiegel erwartete ihn, entgegen seiner Vermutungen, kein so großes Grauen. Zwar waren Mascara und Eyeliner nicht mehr an Ort und Stelle, aber er hatte sowieso nicht viel aufgetragen. Nur blöd, dass es überhaupt so weit gekommen war.

Na ja, zuerst ging er auf die Toilette und sperrte sich in einer Kabine ein. Zu seinem Erstaunen hatten sie nur sehr kleine Schlitze unten, sodass keiner – kein Wesen, das Angel kannte – seinen Kopf darunter durchstecken können würde.

Er musste sein Make-Up noch richten, bevor er zur Arbeit ging. Hier hatte er genug Zeit, sich zu beruhigen. Nein – sein Kopf rief nein. Scheiße, sein Job! Er würde zu spät kommen!, erinnerte er sich. Stöhnend warf er seinen Kopf in den Nacken und knalle leicht an der Wand. Der Aufschlag war ein dumpfes Geräusch in Angels Hinterkopf, fast wie Kopfschmerzen; Angel konnte das ignorieren, es würde schon nicht so schlimm sein., versprach er sich, wurde fertig und trat vor den Spiegel, um den Schaden, den seine Schminke genommen hatte, zu reduzieren.

Das Waschen fühlte sich gut an, auch wenn er jetzt nochmal runter gehen und neues Make-Up auftragen musste.

Seufzend versuchte er, die sensible Stelle an seinem Hinterkopf auszublenden. Erst als er sich durchs Haar fuhr, realisierte er, dass ziemlich viel Flüssigkeit austrat. Seine Hand war mit Blut bedeckt, er hatte sich den verdammten Kopf aufgeschlagen! Deshalb war ihm so schwindelig, na toll. Rotes Blut war, anders als die fast verheilten blauen Flecken unter seinem Fell, sehr sichtbar.

Wo verdammt war die verfluchte Krankenstation?! Ach scheiß drauf, er hatte einen eigenen Verbandskasten in der Wohnung, die Ärzte würden ihm sowieso viel zu wenig Schmerzmittel geben, weil sie keine Ahnung hatten, wie hoch seine Toleranz war, oder es nicht glauben würden. Außerdem hatte er dort bestimmt etwas zu essen und Make-Up.

Er entschied sich, dieses Mal zu Fuß zu gehen, bereute es auf den ersten paar Metern, zog das aber wieder zurück, als er jemanden aus einem Aufzug kommen sah. Flink huschte er in seine Etage und dann in die Wohnung. Wie durch ein Wunder hatte er die Karte nicht verloren, ging rein und kam zum Stehen. Alles drehte sich, also trank er aus dem Wasserhahn, bevor er sich daran machte, sich das Blut abzuwaschen, um an die Wunde ranzukommen. Diese Prozedur kannte er nur zu gut.

Notes:

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